„Memristoren“ könnten das Design von Computern revolutionieren, auch im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) setzt man große Hoffnung in solche, bisher nur in Ansätzen realisierte Bauteile. Anders als ein Transistor merkt sich ein Memristor, wieviel Strom hindurch geflossen ist, und passt seinen Widerstand entsprechend an. Wiener Physiker stellen nun im Fachjournal „Nature Photonics“ den ersten „Quanten-Memristor“ vor, der die Welten von KI und Quantenphysik verbinden könnte.
Anfang der 1970er-Jahre theoretisch beschrieben, versuchen Forscher, Memristoren auf verschiedene Art und Weise zu realisieren. Der Name ist ein Kunstwort aus den Begriffen „Memory“ (Gedächtnis/Speicher) und „Resistor“ (Widerstand). Der elektrische Widerstand eines solchen Bauelements zu einem bestimmten Zeitpunkt hängt davon ab, welche Spannung bis dahin an ihn angelegt wurde. Diese Eigenschaft ähnelt menschlichen Nervenzellen, deren Synapsen umso schneller reagieren, je häufiger sie aktiviert werden.
Gehirnähnliche Computerstrukturen
Entsprechend vielseitig und vielversprechend werden die Einsatzmöglichkeiten für Memristoren gesehen, etwa für neuartige Datenspeicher oder neuromorphe, also gehirnähnliche Computerarchitekturen. Speziell letztere sind für den Bereich Künstliche Intelligenz interessant. Dort wird bereits mit mathematischen Modellen gearbeitet, die von der biologischen Struktur des Gehirns inspiriert sind - den neuronalen Netzen.
Eine Forschergruppe um Philip Walther vom Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien hat nun gemeinsam mit italienischen Kollegen den ersten Quanten-Memristor realisiert. „Wir haben gezeigt, dass dieses Bauteil alle Eigenschaften erfüllt, die so ein Memristor beherrschen muss“, sagte Walther. Während der klassische Memristor mit Strom und Widerstand arbeitet, steuert der Quanten-Memristor den Lichtdurchfluss abhängig davon, wie viel Licht bis dahin durch das Bauteil gegangen ist.
Eigentlich widerspricht die grundlegende Dynamik eines Memristors dem typischen Verhalten von Quantensystemen: „Die möchten ja nie gestört werden“, so Walther. Doch für einen Memristor braucht man einen Feedback-Loop, weil ja etwas verändert wird, abhängig davon was zuvor passiert ist - und dieses Geschehen zuvor muss also irgendwie gemessen werden.
„Deshalb haben wir eine clevere Messung entwickelt, die zwar den Quantenzustand des Systems ein wenig beeinflusst, aber nicht so stark, dass er zerstört wird, und damit diesen Memoryeffekt in dem Schaltkreis erlaubt“, betonte der Physiker. Realisiert wurde das mit einer Glasplatte, in die mittels Laser Wellenleiter eingeschrieben werden und Photonen in einem Überlagerungszustand die Möglichkeit haben, zwei Wege zu benutzen.
„Fehlendes Bindeglied“
Zusätzlich zur experimentellen Realisierung eines solchen Quanten-Memristors zeigten die Wissenschaftler in Simulationen, dass optische Netzwerke mit solchen Bauteilen zum Lernen sowohl bei klassischen als auch bei Quantenaufgaben verwendet werden können. Für sie deutet das darauf hin, „dass der Quanten-Memristor das fehlende Bindeglied zwischen Künstlicher Intelligenz und Quantencomputern sein könnte“.
Für die weitere Arbeit stelle sich nun die Frage, wie groß man ein Quanten-Memristor-Netzwerk bauen kann, bevor die Quanteneffekte komplett verloren gehen, so Walther. „Wir sind schon dabei, mit einer Handvoll Memristoren ein solches Netzwerk aufzubauen, wo wir einen kleinen neuromorphischen Prozess implementieren wollen“, sagte der Physiker. Die Forscher hoffen damit zu zeigen, dass der in der Tat einen Quantenvorteil gibt und manche Aufgaben wie beispielsweise Muster- bzw. Bilderkennung besser gelöst werden können als mit herkömmlichen Algorithmen.
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