Signal der Entspannung
Russland zieht Truppen rund um Kiew zurück
Rund viereinhalb Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine haben sich Delegationen der Länder zu einer neuen Verhandlungsrunde in Istanbul getroffen - nun gibt es offenbar erste Signale der Entspannung. Russland will nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums seine militärischen Aktivitäten bei Kiew und Tschernihiw „deutlich“ reduzieren. Der Schritt solle dazu dienen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und die Bedingungen für weitere Verhandlungen zu schaffen, sagte der russische Vize-Verteidigungsminister Alexander Fomin, der der Delegation aus Moskau angehört.
Diese Entscheidung über die „deutliche“ Reduktion der militärischen Aktivitäten sei angesichts des Verlaufs der rund vierstündigen Verhandlungen getroffen worden, sagte Fomin weiter. Die Ukraine wiederum sei dabei, einen Vertrag vorzubereiten über einen neutralen Status des Landes ohne Atomwaffen. Russland gehe davon aus, dass die Ukraine dazu entsprechende Entscheidungen treffe. Eine ausführliche Information über die Vereinbarungen von Istanbul solle es nach der Rückkehr der Delegation nach Moskau geben.
„Keine Kompromisse“ bei Gebietsabtretungen an Russland
Die Garantien sollten ähnlich wie der Artikel fünf des NATO-Vertrages formuliert sein. Demnach sind die Mitglieder des Militärbündnisses zum sofortigen militärischen Beistand im Falle eines Angriffs auf einen Partner verpflichtet. Gebietsabtretungen seien für Kiew aber weiter indiskutabel. „Wir erkennen nur die Grenzen der Ukraine an, die von der Welt mit Stand 1991 anerkannt sind“, betonte der Fraktionsvorsitzende der Präsidentenpartei. Dabei könne es keine Kompromisse geben.
Vorschläge werden Putin „in naher Zukunft vorgelegt“
Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski lobte die jüngste Runde der Verhandlungen als konstruktiv. Der Putin-Beauftragte erklärte zudem, dass Russland bereit sei, „zwei Schritte zur Deeskalation des Konflikts“ zu unternehmen. Einer davon betreffe die militärische und einer die politische Ebene. Die ukrainische Seite habe eine „verständlich formulierte Position für die Aufnahme in einen Vertrag“ überreicht, so Medinski weiter. „Diese Vorschläge werden in naher Zukunft geprüft, dem Präsidenten vorgelegt und von uns entsprechend beantwortet.“
„Dieser Krieg muss beendet werden“
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sieht die Ankündigung Russlands als Annäherung bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Die Gespräche am Dienstag seien die bisher wichtigsten gewesen, sagt Cavusoglu. Die schwierigeren Themen würden zu einem späteren Zeitpunkt von den Außenministern beider Seiten besprochen. Er betonte: „Dieser Krieg muss beendet werden.“
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich zu Beginn des Treffens optimistisch gezeigt, dass die „Tragödie“ ein Ende finden könnte. Die russischen Unterhändler waren am Montag in der türkischen Metropole eingetroffen, wo bereits am 10. März eine frühere Verhandlungsrunde auf Außenministerebene stattgefunden hatte - allerdings damals ergebnislos. Die Gespräche wurden anschließend per Videokonferenz fortgesetzt. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte jedoch am Montag erst gesagt, dass es bisher keine „signifikanten Fortschritte“ gegeben habe.
Auch der ukrainische Außenminister hatte sich vor Beginn der Verhandlungen skeptisch in puncto Erfolgsaussichten geäußert. „Wenn wir sehen, dass sich die Stimmung geändert hat und sie zu einem ernsthaften, substanziellen Gespräch und ausgewogenen Vereinbarungen bereit sind, dann werden die Dinge vorankommen“, sagte Dmytro Kuleba. „Wenn es sich um eine Wiederholung ihrer Propaganda handelt, werden die Gespräche erneut scheitern.“
Selenskyj will über jede Einigung das Volk entscheiden lassen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte sich zuletzt gesprächsbereit über die von Russland geforderte Neutralität seines Landes gegeben. Er hatte allerdings betont, über jegliche Einigung in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Außerdem hatte er ein persönliches Gespräch mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin gefordert, was der russische Außenminister Sergej Lawrow zuletzt als „kontraproduktiv“ zurückgewiesen hatte.
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