Merkel bei Bankett
Freiheitsmedaille für “ostdeutsches Mädchen Angela”
Die Auszeichnung alleine ist im nicht immer einfachen transatlantischen Verhältnis - so hatte es in den vergangenen Monaten wegen des Libyen-Einsatzes und unterschiedlicher Ansätze in Wirtschaftsfragen Differenzen zwischen Berlin und Washington gegeben - ein so wichtiges Zeichen, dass sich dafür sogar Merkels medienscheuer Ehemann Joachim Sauer im Smoking zum Staatsbankett im Weißen Haus eingefunden hatte. Aber dann steigerte Obama die Ehrung gleich im ersten Satz noch: "Dies ist der erste offizielle Staatsbesuch mit einem Staatsbankett für einen europäischen Führer in meiner Amtszeit." In seiner bisherigen Amtszeit wurden nur die Präsidenten von China, Indien und Mexiko in Washington zu einem Staatsbankett geladen.
"Sie ist ein Symbol des Triumphs der Freiheit", begründete Obama die Preisvergabe und erwähnte, dass Merkel, "das ostdeutsche Mädchen namens Angela", in ihrer DDR-Jugend auch eine Aufforderung abgelehnt habe, für die Stasi zu spionieren. "Dass ich eines Tages im Rosengarten stehen und die Freiheitsmedaille von dem US-Präsidenten überreicht bekommen würde, das lag jenseits all meiner Vorstellungskraft", konterte sie in ihrer kurzen Ansprache vor rund 250 deutsch-amerikanischen Prominenten aus Politik und Gesellschaft.
"Wir sehen beide nicht aus wie unsere Vorgänger"
Die Würdigung ist dabei für beide gut: Merkel kann damit jede Kritik etwa an der deutschen Enthaltung im UNO-Sicherheitsrat zu Libyen abwehren, weil sich in Washington vielleicht Unverständnis, aber keine Grundzweifel an ihrer Amerika-Liebe einstellen können wie bei ihrem Vorgänger Gerhard Schröder. Das schafft Freiraum für die eigene Politik. Obama wiederum gelingt es, Merkels ostdeutschen Freiheitsmythos nun auch für sich zu nutzen. Denn ein Zeichen für Fortschritt und Freiheit in beiden Ländern sei eben, "dass wir beide nicht aussehen wie unser Vorgänger", scherzte er schon in der Früh auf dem Rasen vor dem Südeingang des Weißen Hauses beim Empfang mit militärischen Ehren.
Gezielter konnte die Anspielung auf die doppelte Außenseiterrolle des transatlantischen Duos nicht ausfallen - beide haben sich hochgearbeitet: hier der erste schwarze Präsident der Supermacht, dort die erste ostdeutsche Frau an der Spitze des deutschen Staates. Das verbindet und schafft eine auch medial interessante Beziehung. Und Merkel bedankte sich, indem sie ihre ganze Ansprache der Freiheit widmete - mit für deutsche Ohren ungewohntem Pathos und Sätzen wie "Die Sehnsucht nach Freiheit lässt sich nicht einmauern", die aber bei den amerikanischen Gastgebern sehr gut ankam.
Die Vergabe der Freiheitsmedaille sehe er übrigens nicht nur als Würdigung früherer Verdienste, sondern auch als Erwartung an seine Partnerin in Berlin, so Obama. "Sie ist noch nicht am Ende", hatte er augenzwinkernd in der gemeinsamen Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses gesagt. Die Zeremonie im Rosengarten war übrigens der Abschluss des USA-Besuches von Merkel.
Nur der US-Präsident verleiht die Freiheitsmedaille
Merkel ist nach Ex-Kanzler Helmut Kohl, der 1999 für seine Verdienste um die deutsche Einheit und die europäische Einigung geehrt wurde, die zweite mit der US-Freiheitsmedaille ausgezeichnete Deutsche. Seit 1963 zeichnet das Weiße Haus jedes Jahr mit dem Orden in dieser Form Politiker, Künstler, Wissenschaftler oder Unternehmer aus, die einen besonders verdienstvollen Beitrag für die Sicherheit oder die nationalen Interessen der Vereinigten Staaten, zum Weltfrieden oder zu "kulturellen oder anderen wichtigen öffentlichen oder privaten Unternehmungen" geleistet haben.
Eine "Freiheitsmedaille" loben die USA bereits seit 1945 aus. Sie wurde von Präsident Harry Truman geschaffen. Allerdings konnte die damalige Version auch von Außenministern oder Militärführern vergeben werden. Mit ihr wurden Zivilisten für Verdienste im Krieg geehrt - so etwa 1947 die aus Deutschland in die USA emigrierte Schauspielerin Marlene Dietrich. Präsident John F. Kennedy wollte dem Ehrenzeichen 1963 neues Leben einhauchen und machte es von Kriegsleistungen unabhängig. Seitdem kann nur noch der Präsident die Medaille verleihen, weshalb sie den Namenszusatz "presidential" erhielt. Nominierungen können beim Weißen Haus eingereicht werden, auch posthume Auszeichnungen sind möglich.
Die Medaille ist ein Anhänger in den amerikanischen Farben weiß, rot und blau mit einem Durchmesser von rund fünf Zentimetern an einem blauen Band. Fünf Adler, das Wappentier der USA, bilden seine runde Form. Jeder Empfänger erhält persönlich eine vom Präsidenten unterschriebene Urkunde, die auch die Gründe für die Ehrung nennt.
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