Der neue Flüchtlingskoordinator Michael Takacs war auch schon 2015 als Mitarbeiter im Einsatz. Sein Fazit: während damals „Tausende männliche Flüchtlinge“ ins Land kamen, würden beim Ukraine-Krieg vor allem Frauen und Kinder fliehen. Und das sei nicht der einzige Unterschied zur großen Flüchtlingskrise vor sieben Jahren …
Denn während Österreich 2015 auch organisatorisch „nicht vorbereitet“ gewesen sei, sei man auch aufgrund der Erfahrungen von früher heute „gut aufgestellt“, so der Flüchtlingskoordinator. Ein weiterer Unterschied sei, dass die Fluchtbewegung aus der Ukraine „kontrolliert“ verlaufe. Das war 2015 - als „Flüchtlinge Polizisten ignoriert und durchs Land gezogen“ seien - nicht so, erklärt Takacs.
Als das Wort „Willkommenskultur“ noch positiv besetzt war ...
Die Stimmung gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen erinnert die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger (WU Wien) an jene zu Beginn 2015. Auch damals sei die Hilfsbereitschaft groß und das Wort „Willkommenskultur“ noch positiv besetzt gewesen, „das hat sich dann irgendwann gedreht“. Dabei müsse aber klar sein: „Menschenrechte gelten für alle“. Ob das dieses Mal wieder passieren kann? Nicht unbedingt, denn: Dass vor allem Frauen und Kinder flüchten, „steigert die Aufnahmebereitschaft“, so die Expertin.
Ukrainerin: „Ich sterbe innerlich“
Auch die Mutter von Studentin Lina Barinova kam aus Odessa nach Wien, ihr Vater ist immer noch in der Ukraine. Sie erzählt: „Wenn wir telefonieren, höre ich die Bomben im Hintergrund. Jedes Mal, wenn ich die Bilder aus der Ukraine sehe, stirbt ein Teil von mir“. Deswegen hat sie mit einem Team die Hilfsorganisation YOUkraine gegründet, die vor allem Medikamente, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel für die Ukraine sammelt. Mit Erfolg: „Ich möchte allen Österreichern für die Hilfe danken!“
Sich über ukrainische Autos ärgern? „Es gibt kaum Widerlicheres“
Dank verspürt auch der Organisator der Solidaritätsveransaltung am Heldenplatz vom vergangenen Wochenende mit rund 100.000 Besuchern. Stimmen, die eine Massenveranstaltung in Zeiten von Corona kritisch sehen, nehme er jedenfalls ernst: „Wir haben versucht, einen guten Kompromiss zu finden“. Für Menschen, die das kostenlose Parken für Ukrainer in Wien nicht gut heißen oder sich über die Autos der Flüchtenden echauffieren, findet er aber kein Verständnis: „Es gibt kaum Widerlicheres. Da muss jedem gesund empfindenden Menschen das Gespiebene aufsteigen!“.
20-Stunden-Arbeitstage für Flüchtlingskoordinator normal
Einigkeit besteht darin, dass dieser Krieg auch von Österreich eine nationale Kraftanstrengung erfordert. Landau schließt eine weitere Ausgabe von #YesWeCare nicht aus, Migrationsexpertin Kohlenberger betont die Wichtigkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt und auch Barinova erklärt, dass ihre Tätigkeit eine Möglichkeit gewesen sei, das Gefühl der Hilflosigkeit zu besiegen. Für Flüchtlingskoordinator Takacs dürften auch die nächsten Monate noch anstrengend werden: „Seit 16 Tagen schlafe ich nur sehr kurz. Aber es gibt Kraft, dass man etwas bewirken kann“.
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