Quantensprung nötig

So will Volkswagen sein Vorbild Tesla abfangen

Motor
31.03.2022 14:00

Automobilbau-Popstar Elon Musk zeigt der Autoindustrie, wo es langgeht. In Grünheide bei Berlin hat er ein Tesla-Werk aus dem Boden gestampft, in dem es nur zehn Stunden dauert, bis aus dem Nichts hochautomatisiert ein Model Y entstanden ist. Jetzt will Volkswagen mit einem neuen Werk Ähnliches erreichen. „Dafür braucht es einen Sprung“, sagt VW-Produktionsvorstand Christian Vollmer.

(Bild: kmm)

Für Volkswagen-Chef Herbert Diess ist eine effiziente Produktion neben Batteriekosten wettbewerbsentscheidend, um Tesla in einigen Jahren als Marktführer bei E-Autos abzulösen. Verglichen mit der Produktion des SUV Tiguan in Wolfsburg, wo ein Fahrzeug in 18 Stunden gefertigt wird, entsprächen zehn Stunden fast einer Halbierung der Zeit.

Die „Trinity-Fabrik“ vor den Toren des Stammwerks, 200 Kilometer westlich von Grünheide, soll das möglich machen - durch den Einsatz besonders großer Bauteile und Module. Perspektivisch soll die Zahl um mehrere hundert Bauteile je Auto verringert werden. Das wirke sich auf die gesamte Prozesskette aus, erläutert Vollmer, der auch für die Logistik zuständig ist. Geplant ist auch der Einsatz von Großgussbauteilen sowie von warm geformten Teilen. Durch Großteile fallen im Karosseriebau Arbeitsschritte beim Schweißen und Kleben weg. Das erleichtert auch das Lackieren.

So baut Tesla Autos
In Grünheide setzt der US-Elektroautobauer große Pressen ein, mit denen zunächst der hintere Teil der Fahrzeuge aus Aluminium gegossen wird. Irgendwann soll auch der vordere Wagen ausschließlich gegossen werden. Die Produktion eines Tesla dauert etwa zehn Stunden. Ähnlich macht es der Konzern in seinem Werk in Shanghai. „Durch den Guss, bei dem 6000 Tonnen Druck ausgeübt werden, fallen Arbeitsschritte weg“, sagte ein Sprecher bei einer Werkseröffnung. In der Fabrik mit anfangs rund 3500 Mitarbeitern sind 700 Roboter eingesetzt. Bei der Endmontage werden Teile von drei Seiten angeliefert. Zwei große Roboter, intern „King Kong“ und „Godzilla“ genannt, heben die Karosserien jeweils in den nächsten Produktionsschritt.

Trinity soll in vier Jahren starten
VW bastelt noch am Konzept für die neue Fabrik, die 2026 ans Netz gehen soll. In den nächsten Wochen will man entscheiden, mit welchen Maßnahmen genau die Zahl der Bauteile reduziert werden kann. „Gleichzeitig prüfen wir, welche Rohstoffe bei den Materialien zum Einsatz kommen. Hier haben wir auch die Preisentwicklung im Blick“, sagt Vollmer. Ein wichtiges Thema sei die Nachhaltigkeit. Die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in der Produktion sei wesentlicher Teil der Bemühungen um eine klimaneutrale Mobilität.

Mit der bisherigen Produktivitätssteigerung um fünf Prozent pro Jahr werde VW Tesla nicht einholen, betont Vollmer. Dazu sei ein Sprung nötig, der weit über das hinausgehe. Maßstab waren für Volkswagen lange die japanischen Autobauer, allen voran Toyota. Mittlerweile hätten die französischen Hersteller Stellantis und Renault die Fertigungszeiten in Europa deutlich verringert.

Großteile sollen mit der Bahn kommen
Anders als Tesla, der die Bauteile direkt im Werk Grünheide herstellt, will VW Großteile in seinem Kasseler Komponentenwerk fertigen und mit der Bahn nach Wolfsburg heranschaffen. Der Karosseriebau bei Trinity soll zudem deutlich kleiner dimensioniert sein als in den bisherigen VW-Werken, weil Arbeitsschritte automatisiert und zusammengefasst werden.

Neue elektrische Superplattform
In der Trinity-Fabrik will VW Fahrzeuge auf der neuen SSP-Architektur (Scalable Systems Plattform) bauen, auf der in einigen Jahren über alle Marken hinweg rund 40 Millionen E-Autos stehen sollen. Diese elektrische Superplattform soll ab 2026 schrittweise die Architekturen mit Verbrennungsmotor (MQB, MSB, MLB) und vollelektrischem Antrieb (MEB, PPE) bei seinen Marken VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche ablösen. Tesla-Chef Elon Musk hat sich bis 2030 20 Millionen E-Autos zum Ziel gesetzt.

Starke Reduktion der Fahrzeugvarianten
Der Quantensprung in der Produktivität wird möglich, wenn die enorme Zahl an Fahrzeugvarianten bei VW zusammengestrichen wird. Mehrere Millionen möglicher Varianten - Motorisierung, unterschiedliche Teile für Links- und Rechtslenker, Ausstattung, Farbe, Bereifung und andere Details - sind ein Hemmschuh für die Produktion. Denn das erfordert eine aufwendige Logistik, wenn das richtige Teil immer zielgenau herangeholt werden muss. Auch das soll sich mit Trinity ändern.

Die Mitarbeiterzahl steht noch nicht fest. Vier Jahre vor Produktionsstart sei das auch nicht üblich, sagt Vollmer. Klar sei aber: „Im Vergleich zur Golf- oder Tiguan-Linie werden wir die Montage des Trinity mit weniger Personal schaffen.“ Personal baut VW üblicherweise durch Vorruhestandsregelungen ab. Ein größerer Stellenabbau sei kein Thema.

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(Bild: kmm)



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