Gewinner und Verlierer. Ruinieren die Kurzparkzonen, wie befürchtet, die Wirte in den Außenbezirken? Wir haben uns einen Monat nach Einführung des Pickerls die Situation angesehen. Die Bilanz der Betroffenen ist geteilt.
Trotz abgeschwächter Corona-Maßnahmen sinkt seit Einführung des Parkpickerls die Anzahl der Gäste in den Wirtshäusern und vor allem in den Heurigenlokalen in Floridsdorf. Viele traditionelle Wirtshaus- und Heurigengeher ziehen es wegen des Parkpickels vor, gleich ins angrenzende Niederösterreich, etwa nach Hagenbrunn und Umgebung, auszuweichen.
Ein betroffener Gastronom ist Johann Güll. Er ist Juniorchef des bekannten Restaurants „da Giovanni“ in Strebersdorf. Sein Vater hat das Wirtshaus in den vergangenen 40 Jahren aufgebaut. Erst hat Corona dem Betrieb massiv geschadet und jetzt das Parkpickerl. Bis zu 50 Prozent weniger Kunden wurden im März bewirtet. Viele frühere Gäste fahren einfach zu Mittag zwei bis fünf Kilometer weiter - etwa zu den Gastlokalen in Langenzersdorf oder Korneuburg (in Korneuburg gibt es von 12 bis 14 Uhr Gratisparken). Wenn das so weitergeht, muss das Restaurant schließen.
Speziell für die Gastronomie in den Wiener Randbezirken wäre eine Begrenzung bis 18 Uhr lebensrettend.
Alt-Bezirksrat Hans Jörg Schimanek
„60 Prozent der Gäste fehlen“
Einen großen Gästeschwund beklagt auch der Traditionsheurige Lentner in Jedlersdorf. „Aufstehen, hinaus gehen, das Auto umstellen und weitere Parkscheine stecken - das kommt für viele Gäste nicht infrage“, kritisiert der Wirt Richard Lentner. 60 Prozent der Gäste würden derzeit fehlen. Ähnliche Aussagen musste der Floridsdorfer Alt-Bezirksrat Hans Jörg Schimanek auch bei Besuchen in anderen Gastro-Betrieben des Bezirks entgegennehmen. „Unter diesen Umständen ist ein Gastro-Sterben praktisch vorprogrammiert“, fürchtet er und fordert die Stadt auf, die Gültigkeit des Pickels von derzeit 22 auf 18, zumindest aber auf 20 Uhr zu reduzieren.
Unsere Gäste freuen sich über das Pickerl. Endlich bekommen sie einen Parkplatz, wenn sie uns besuchen.
Wirtshauslegende „Poldi“ Selitsch
Wirtshauslegende freut sich über Parkplätze
Weniger dramatisch scheint die Situation in der Donaustadt zu sein. Wirtshauslegende „Poldi“ Selitsch: „Unsere Gäste freuen sich über das Pickerl. Endlich bekommen sie einen Parkplatz, wenn sie uns besuchen. Wir haben zwar viele Kunden, die mit den Öffis anreisen, aber weniger mobile Besucher, die auf das Auto angewiesen sind, hatten oftmals Probleme. Bisher können wir und die Anrainer dem Pickerl viel Positives abgewinnen.“
Ob sich das auch spürbar auf die Besucherzahlen auswirkt, kann der Vollblutgastronom noch nicht definitiv sagen. Eine Lösung müsse für die Musiker gefunden werden, die regelmäßig im Vorstadt-Beisl auftreten. „Die können natürlich nicht mit ihren Instrumenten mit der U-Bahn kommen. Und ein Auftritt dauert meist länger als zwei Stunden. Da müssen wir uns etwas überlegen.“
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