Über 61 Prozent

Inflation in der Türkei steigt auf 20-Jahres-Hoch

Ausland
04.04.2022 10:02

Die Türkei erlebt den stärksten Anstieg der Verbraucherpreise seit über 20 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen sie um nicht weniger als 61,14 Prozent, wie das Statistikamt am Montag mitteilte. Dabei spielen auch die enorm gestiegenen Energiepreise durch den Ukraine-Konflikt eine Rolle. Präsident Recep Tayyip Erdogan möchte dem gewaltigen Anstieg mit Mehrwertsteuersenkungen entgegenwirken.

Ökonomen hatten sogar eine Teuerungsrate von 61,6 Prozent erwartet, nachdem diese im Februar noch bei rund 54 Prozent gelegen war. Sie gehen davon aus, dass die Inflationsrate auch am Jahresende noch bei mehr als 50 Prozent stehen wird - nicht zuletzt infolge der nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stark gestiegenen Energiepreise.

Notenbank trägt Mitschuld
Die türkische Zentralbank strebt eigentlich eine Teuerungsrate von fünf Prozent an, wird dieses Ziel nach eigenen Prognose aber auch im kommenden Jahr noch deutlich verfehlten: Dann soll das Plus bei durchschnittlich 8,2 Prozent liegen. Die Inflation lag in den vergangenen fünf Jahren meist im zweistelligen Bereich, was an den Einkommen und Ersparnissen der Türken zehrt.

Experten geben der Notenbank eine Mitschuld an der Entwicklung. Sie hat trotz der drastischen Abwertung der Landeswährung Lira ihren Leitzins in der zweiten Jahreshälfte 2021 schrittweise von 19,0 auf 14,0 Prozent gesenkt. Dabei müsste sie nach Einschätzung der meisten Ökonomen das Gegenteil tun, nämlich mit höheren Zinsen die eigene Währung attraktiver machen.

Mehrwertsteuer für bestimmte Produkte gekürzt
Die Lira hat im vergangenen Jahr etwa die Hälfte ihres Werts zum Dollar eingebüßt, was wiederum die Inflation befeuert. Denn das rohstoffarme Land importiert mehr Waren als es exportiert. Die Einfuhren werden oftmals in Dollar und anderen Devisen abgerechnet. Präsident Recep Tayyip Erdogan vertritt seit langem die unübliche Ansicht, dass die Zinsen die Inflation verursachen. Er hat im vergangenen Jahr ein neues Wirtschaftsprogramm aufgelegt, das niedrigen Zinsen, Exporten, Krediten und Investitionen Vorrang einräumt.

Um die Menschen in der Türkei nun zu entlasten, kündigte der Präsident die Senkung der Mehrwertsteuer auf diverse Produkte an. Konkret sollen damit für bestimmte Produkte des täglichen Bedarfs - darunter Reinigungsmittel, Toilettenpapier, Servietten und Babywindeln - nur noch acht statt 18 Prozent Steuer anfallen.

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