Will selbst ermitteln
Russland: Aufnahmen von Massaker waren „bestellt“
Bilder unabhängiger Nachrichtenagenturen und zahlreicher Menschen vor Ort zeichnen ein grausames Bild von den Vorkommnissen in der Kiewer Vorstadt Butscha. Russland will davon jedoch gar nichts wissen. Moskau bestreitet jegliche Verantwortung für die Gräuel - und macht sogar die USA für die Aufnahmen verantwortlich.
Russland legt nach den Manipulationsvorwürfen gegen die Ukraine in Bezug auf Bilder getöteter Zivilisten in Butscha nach. Der russische Chefermittler Alexander Bastrykin kündigte am Montag offizielle Ermittlungen zu den Vorgängen an, die er als „Provokation“ der Ukraine bezeichnet. Es würden nun Ermittlungen eingeleitet, die auf der Behauptung basieren, dass die Ukraine „absichtlich falsche Informationen“ über die russischen Streitkräfte in Butscha verbreitet habe.
„USA wollen Ruf Moskaus schädigen“
Russland wirft den USA und der NATO im Zusammenhang mit den Bildern von Toten in Butscha Manipulation vor. Die unmittelbar auf die Veröffentlichung erfolgten Erklärungen des Westens deuteten darauf hin, dass „die Nachricht bestellt“ worden sei, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Damit solle der Ruf Russlands geschädigt werden.
„Wer steckt hinter der Provokation? Natürlich die USA und die NATO“, sagte Sacharowa in einem am späten Sonntagabend ausgestrahlten Fernsehinterview.
„Weitere gestellte Provokation“
Darüber hinaus wertete sie die schnelle Empörung des Westens über den Vorfall als Beleg für die angebliche westliche Verschwörung. „Die Tatsache, dass diese Angaben in den ersten Minuten gemacht wurden, nachdem das Material aufgetaucht war, lassen keinen Zweifel daran, wer diese Geschichte bestellt hat“, so Sacharowa. Beweise für die Behauptungen brachte Sacharowa nicht. Zuvor hatte Russland die Bilder aus Butscha bereits als „weitere gestellte Provokation des Regimes in Kiew“ bezeichnet.
Lawrow spricht von „erfundenem Angriff“
Ähnlich äußerte sich der russische Außenminister Sergej Lawrow: Es handle sich um einen „erfundenen Angriff“ mit dem Ziel, Russland zu diskreditieren, sagte Lawrow am Montag laut der Nachrichtenagentur Tass. Er beschuldigte damit die Ukraine, die Lage in der Stadt inszeniert zu haben.
Selenskyj fürchtet noch „schrecklichere Dinge“
Ukrainische Behörden untersuchen derweil mögliche russische Kriegsverbrechen. In Butscha, 37 Kilometer nordwestlich von Kiew, waren nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden worden. Ein Reuters-Reporter sah dort die Leiche eines Mannes am Straßenrand, mit auf dem Rücken gefesselten Händen und einer Schusswunde am Kopf.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem Genozid und sagte, er befürchte, dass sich noch „schrecklichere Dinge auftun könnten“ als das, was bisher über die Verbrechen in Butscha bekannt geworden ist. Die Stadt stand bis vor Kurzem unter russischer Kontrolle.
Zahlreiche Leichen aufgefunden
Bislang deutet jedenfalls alles darauf hin, dass russische Truppen die Zivilisten gezielt und kaltblütig getötet haben. Laut ukrainischen Medienberichten sollen bereits deutlich mehr als 300 Leichen von Zivilisten geborgen worden sein. Bis Sonntagabend seien bereits 330 bis 340 leblose Körper eingesammelt worden, schrieb die Zeitung „Ukrajinska Prawda“ am Montag unter Berufung auf einen Bestattungsdienst.
Auch der stellvertretende Bürgermeister des Orts spricht von ähnlichen Zahlen: 50 der rund 340 gefundenen Leichen seien Opfer von außergerichtlichen Tötungen durch russische Truppen, erklärte Taras Shapravskyi. Am Montag wurde die Suche nach weiteren Opfern fortgesetzt. Einige Leichen seien in Hinterhöfen vergraben, hieß es.
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