Konfliktforscher

Gräuel in Butscha: „Ich denke, das war angeordnet“

Ausland
04.04.2022 20:00

Konfliktforscher Wolfgang Dietrich von der Uni Innsbruck im „Krone“-Interview über die schrecklichen Bilder aus Butscha, warum er nicht an Einzelaktionen von russischen Soldaten glaubt - und warum die Kriegsverbrechen nicht die letzten sein werden.

KroneHerr Dietrich, wie wirken sich Szenen wie jene in Butscha auf einen Konflikt aus?
Wolfgang Dietrich: Die Bilder, die wir von diesen Grausamkeiten zu sehen bekommen, sind Teil der Kommunikation. Auf ukrainischer Seite kann ich mit ihnen internationale Empörung auslösen, woraus mehr Hilfslieferungen resultieren könnten. Auf Täterseite kann ich solche Bilder einsetzen, um den Feind einzuschüchtern. Verbrechen gegen Zivilisten, darunter auch Massenvergewaltigungen, sind leider Teil der Kriegsführung.

Sie gehen also davon aus, dass die Massentötungen angeordnet waren?
Ja, ich denke, dass es hier eine Befehlskette gab. Das war angeordnete psychologische Kriegsführung. Für die einfachen Soldaten, die den Abzug betätigt haben, heißt das aber nicht automatisch, dass sie deswegen unschuldig sind. Seit den Nürnberger Prozessen wissen wir: Befehlsnotstand ist für solche Gräuel kein Entschuldigungsgrund.

Macht es einen Unterschied, dass hier zwei reguläre Armeen involviert sind? Und keine Guerilla- oder Terrorbanden?
Das macht tatsächlich einen Unterschied. Jeder Offizier weiß, was Kriegsverbrechen sind. Wer in diesem Konflikt so etwas veranlasst, ist im internationalen Völkerrecht geschult und tut dies mit Kalkül.

Wie kommen diese Bilder in Russland an?
Mit einer anderen Interpretation. Sofern die Bilder echt sind, könnten sie von russischer Seite auch als Beleg für ukrainischen Beschuss der eigenen Bevölkerung verwendet werden. Massenhafte Empörung gegen Putin in Russland sehe ich aufgrund der Bilder aus Butscha nicht.

Und wie nachhaltig wird die Empörung im Westen darüber sein?
Ich fürchte, das ist nicht das Ende der Geschichte. Es ist nur eine Episode. Wir werden in diesem Konflikt leider noch häufiger mit Bildern wie aus Butscha konfrontiert werden.

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