Pandemie, extrem brutales Mobbing in den sozialen Medien und Erwachsene, die keine Verantwortung mehr übernehmen wollen - psychisch kranke Jugendliche werden immer mehr, so Psychiater Michael Merl vom KUK in Oberösterreich: „Wir sind zu 150 Prozent belegt.“
Man liest und hört dauernd, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie überlaufen ist. Was sind die Ursachen?
Zum Teil sicher die Pandemie. Dazu kommt extrem brutales Mobbing in den sozialen Medien, mit Sätzen wie, „am gescheitesten wär’, wenn du nimmer lebst.“ Und dazu kommen die Erwachsenen, von denen viele keine Verantwortung mehr übernehmen wollen. Sobald ein Jugendlicher nur andeutet, dass es ihm schlecht geht, wird er ins Spital eingeliefert.
Was schreckt Sie als Fachmann am meisten an dieser Entwicklung?
Dass die Kinder verlernen, sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Sie haben keine Idee mehr, was sie tun sollen, wenn es ihnen schlecht geht. Die sitzen da und wenn man sie etwa zu einem Suizidversuch fragt, warum hast du das gemacht?‘ können sie keine Antwort geben.
Wie sieht derzeit die Bettenbelegung aus?
Wir haben derzeit eine Belegung von 130 bis 150 Prozent. Im Neuromed Campus haben wir in der Kinder- und Jugendpsychiatrie auf der einen Abteilung zehn fixe Betten und 15 Patienten, in der anderen zwölf Betten und 16 Patienten. Ähnlich sieht es im MedCampus…IV aus, dort haben wir einmal 13 Betten und 15 Patienten und dann nochmals elf Betten und zwölf Patienten. Auf dieser Station ist eine Ärztin erkrankt, da fahren wir mit halber Besetzung.
Kurz gesagt, nicht nur die Kranken, auch die Heiler sind in der Krise.
Wir können momentan nur noch eine Lazarettfunktion erfüllen. Wir können aufgrund des hohen Belags keine ausreichende Behandlung mehr leisten.
Interview: Christoph Gantner
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