Batterien in Elektroautos werden meist aussortiert, wenn sie nur mehr 80 Prozent ihrer Leistung erbringen. Bisher müssen sie entsorgt und recycelt werden, doch ein Grazer Konsortium will ihnen ein zweites Leben einhauchen. AVL List, AVL DiTEST, Energie Steiermark, Grazer Energieagentur, Saubermacher sowie Smart Power bauten mit den Batterien einen von Originalausrüstungsherstellern (OEM) unabhängigen großtechnischen Stromspeicher. Das Projekt wurde am Dienstag abgeschlossen.
Konzipiert wurde die Pilotanlage zur Abdeckung von Spitzenlast. Gleichzeitig wurden spezielle Instrumente für die Zustandserhebung - den „State of Health“ - der E-Autobatterie entwickelt. Dem Konsortium war es wichtig, den Prototyp unabhängig von Batterieherstellern zu entwickeln, damit die Voraussetzungen für einen freien Markt geschaffen wird. „Mit der Überführung des Prototyps zum Saubermacher Ecoport in Feldkirchen bei Graz wurde das Projekt Second Life - Batteries4Storage nun nach rund dreieinhalbjähriger Laufzeit erfolgreich abgeschlossen“, sagte Saubermacher-Chef Hans Roth.
„Ökologische sowie ökonomische Vorteile“
„Bereits jetzt muss man sich über die Verwendung der aus dem First Life ausgeschiedenen Batterien aus der E-Mobilität Gedanken machen“, ergänzte Robert Schmied, Geschäftsführer der Grazer Energieagentur, unter deren Leitung das Projekt mit einem Budget von rund 2,4 Millionen Euro realisiert wurde. Knapp 900.000 Euro davon förderte der Klima- und Energiefonds. Man schaffe mit dem Prototyp „eine zusätzliche stationäre Nutzung, die die Lebenszeit und die Wertschöpfungskette der Batteriesysteme verlängert und ökologische sowie ökonomische Vorteile“ schaffe.
Theresia Vogel vom Klima- und Energiefonds unterstrich das: „Wir erwarten uns in Zukunft im Energiemanagement viel von solchen Speichern. Eine Zweitverwendung für Akkus, die einer der teuersten Bestandteile eines Elektroautos sind, zeigt, dass ein zweites, langes und erfolgreiches Leben für Autobatterien möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Mit diesem Ansatz wird das System stabilisiert, Ressourcen geschont und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Das Konsortium hat sich mit diesem Projekt einen Vorsprung herausgearbeitet.“
Damit man aber Batterien dem zweiten Leben zuführen kann, muss man auch den Zustand von diesen genau bestimmen können. Von AVL DiTEST wurde dazu ein mobiles Schnellanalyse-Gerät entwickelt. Es erhebt den Zustand unterschiedlicher Batterien verschiedener Erzeuger. Von AVL List wurde indessen ein elektronisches Bewertungswerkzeug entwickelt, das den Wert-Unterschied zwischen Recycling und Wiederverwendung darstellt. Die Grazer Energieagentur steuerte ein Planungstool bei, das eine optimale Dimensionierung der Speichersysteme für bestimmte Anwendungen ermöglicht.
Pilotanlage mit Leistung von 96 kWh
Die Pilotanlage wurde von Smart Power errichtet und hat eine Leistung von 96 kWh. „Seit Herbst 2020 glich der Prototyp am Saubermacher-Standort in Premstätten die Lastspitzen des Entsorgungsunternehmens aus. Nun wurde die Anlage in die Firmenzentrale in Feldkirchen bei Graz verlegt und optimiert dort den Eigenstromverbrauch aus der Fotovoltaikanlage“, hieß es weiter. Von außen sieht die Anlage unscheinbar aus und ähnelt einem kleinen Container, in dem die Akku-Module auf Regalen lagern. Sie sind miteinander vernetzt und stammen aus einem recht großen Elektrofahrzeug.
Batterie-Stromspeichersysteme werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen: Sie sollen bei erneuerbaren Energiequellen für den Ausgleich von Stromerzeugung und Verbrauch sorgen. Außerdem sollen sie bei Stromausfällen als Absicherung dienen, die Netzstabilisierung verbessern und mehr dezentral produzierten Strom liefern. Zielgruppen für Speichersysteme aus gebrauchten Batteriesystemen seien stromintensive Industriebetriebe sowie Errichter und Betreiber von Wohngebäuden und PV-Anlagen, Anbieter für Elektrotechnik, Betreiber von großen E-Fahrzeugflotten wie Elektrobussen sowie E-Mobilitätsdienstleister.
4000 gebrauchte Batteriesysteme pro Jahr
Aktuell fallen in Österreich pro Jahr etwa 4000 gebrauchte Batteriesysteme aus der Elektromobilität an - das entspricht etwa 200 Tonnen, rechnet das Konsortium vor. Je nach Entwicklung der E-Mobilität werden für das Jahr 2030 zwischen 10.000 und 20.000 Tonnen prognostiziert. Second-Life-Speichersysteme in der Industrie und im Megawattbereich seien somit durchaus möglich. „In welchem Umfang für welche Anwendungen der Einsatz der Second-Life-Batterien wirtschaftlich darstellbar ist, hängt unter anderem stark von der Preisentwicklung der Batterien ab. Gleichzeitig ist der Aufwand für die Realisierung solcher Speicher derzeit noch sehr hoch und auch rechtliche Aspekte wie Produkthaftung oder Gewährleistung gilt es noch zu klären.
Beispielsweise liegt das Haftungsrisiko für gebrauchte Batteriesysteme derzeit beim Anlagenerrichter“, wiesen die Projektverantwortlichen noch auf mögliche Probleme hin. Zusätzlich müssen für die Anlagen auch spezielle Brandschutzvorkehrungen getroffen werden, sollten sie in Gebäuden aufgebaut werden und nicht wie bei Saubermacher auf einer Wiese vor der Firmenzentrale. Entscheidend sei auch, dass man Batterien zusammenpackt, die noch über eine ähnliche Rest-Ladekapazität verfügen und auch gleichartig aufgebaut sind. Gerade deshalb sind die Diagnose-Tools aller Unternehmen im Konsortium wichtig.
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