Längst nicht harmlos

Omikron: Die unterschätzte Corona-Variante

Österreich
10.04.2022 06:00

Omikron verläuft oft nicht harmlos. Viele Patienten haben schlimme Symptome während der Infektion. Und klagen auch danach noch über anhaltende gesundheitliche Probleme.

Der niederösterreichische Allgemeinmediziner Alireza Nouri ist seit Beginn der Pandemie berufsbedingt oft mit Corona-Kranken konfrontiert; er macht sogar - natürlich in Schutzkleidung - bei Infizierten Hausbesuche.

„Die Symptome können sehr schlimm sein“
Und blieb dennoch lange Zeit hindurch von dem Virus verschont. „Wahrscheinlich“, sagt er, „weil ich selbstverständlich im Job und privat stets wichtige Sicherheitsmaßnahmen - Masken tragen, häufig die Hände desinfizieren - eingehalten habe.“ Aber dann kam Omikron.

Allgemeinmediziner Alireza Nouri: „Die Genesung dauert leider häufig sehr lange.“ (Bild: zVg, Krone KREATIV)
Allgemeinmediziner Alireza Nouri: „Die Genesung dauert leider häufig sehr lange.“

„Vor einem Monat steckte ich mich damit an. Ich litt an hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Husten, Halsweh.“ Noch nie zuvor in seinem Leben habe er sich gesundheitlich so schlecht gefühlt: „Und ich weiß: Wäre ich nicht geimpft, wäre der Verlauf noch viel schlimmer gewesen.“

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Ich werde schnell müde, muss beim Arbeiten Pausen einlegen.

Allgemeinmediziner Alireza Nouri

Dramatische Berichte von Kranken im Internet
Bis heute ist der Arzt nicht ganz fit: „Ich werde schnell müde, muss beim Arbeiten Pausen einlegen.“ Die Symptome während und nach seiner Infektion - „gleich jenen, durch die nicht wenige meiner Patienten belastet waren - und sind“. Erfahrungen, über die nun auch laufend mehr Menschen in diversen Internetforen und Social-Media-Gruppen berichten.

Die Betroffenen klagen zum Teil über immense Probleme: über dauerhaft erhöhte Körpertemperatur, in Schüben auftretende Atemnot; über Nesselausschläge, starke Muskelverspannungen. Über Beschwerden „wie bei der fürchterlichsten Grippe, die es geben kann“. Ebenso dramatisch mitunter die Schilderungen über das Danach: „Ich bin kaum noch dazu fähig, meinen Alltag zu bewältigen.“ „Ich habe Gedächtnisstörungen.“ „Ich schaffe es kaum, genügend Nahrung zu mir zu nehmen.“

„Durchseuchungsidee war nicht klug“
„Omikron als harmlos zu bezeichnen, halte ich für falsch“, sagt Alireza Nouri. Der geringere Prozentsatz der wegen dieser Variante Hospitalisierten würde schließlich durch die große Anzahl der Infizierten ausgeglichen. „Die Bettenbelegungen in den Spitälern sind hoch, außerdem werden täglich Rekordsterberaten vermeldet. Über 1000 Tote pro Monat sind ja nicht gerade wenig.“

Die „Durchseuchungsstrategie“ - „ich hielt sie nie für sinnvoll“ - sei folglich gescheitert. „Auch im Hinblick darauf“, so die Prognose des Arztes, „dass vermutlich etwa zehn Prozent der Erkrankten an Long Covid leiden werden.“

„Viermal Covid, Omikron war am ärgsten“
Anita E. ist, wie sie sagt, „ein positiver Mensch. Und das habe ich auch zu sein. Weil es zu den Aufgaben meines Berufs gehört, anderen Energie zu geben und Lebensfreude zu vermitteln.“ In ihrem - naturgemäß schwierigen - Job als Krankenpflegerin.

Anita E. vor ihrem ersten Arbeitstag nach Omikron: „Ich bin froh darüber, dass mir viele Pausen gestattet werden.“ (Bild: zVg, Krone KREATIV)
Anita E. vor ihrem ersten Arbeitstag nach Omikron: „Ich bin froh darüber, dass mir viele Pausen gestattet werden.“

„In dem Spital, in dem ich früher arbeitete“, erzählt die 45-Jährige, „steckte ich mich bereits Anfang 2020, noch vor dem ersten Lockdown, erstmals mit Corona an.“ Bei einem Patienten, der vor seiner Aufnahme Urlaub in Italien gemacht „und darüber den Ärzten nichts erzählt hatte“. Wie verlief die Infektion bei der Frau? „Eigentlich eher harmlos. Ich hatte Husten und Gliederschmerzen, doch nach etwa 14 Tagen war ich wieder halbwegs am Damm. Trotzdem musste ich - so damals die Vorgaben - fünf Wochen im Krankenstand bleiben.“

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BA.2 hat mich völlig geschafft, selbst vier Wochen nach der Ansteckung fühle ich mich noch immer kraftlos. Und ich brauche viel Schlaf.

Krankenpflegerin Anita E.

Die zweite Ansteckung passierte einige Monate später: „Durch meine - zu diesem Zeitpunkt - siebenjährige Tochter. Sie hatte das Virus aus der Schule ,heimgebracht‘.“ Anita E.s Symptome? „Ich hatte starken Husten, Fieber; ich bin - vor allem in der ersten Woche - recht schlapp gewesen.“

„Ich war so froh, als es endlich die Impfung gab“
Und die Krankenpflegerin war freilich froh, als sie dann 2021 - „aufgrund meiner Tätigkeit sehr früh“ - gegen Covid geimpft wurde: „Ich dachte, damit wäre ich in Hinkunft vor Corona geschützt. Was leider ein Irrglaube war.“ Anita E. leidet nämlich an einer Autoimmunerkrankung, „das dürfte die Ursache dafür sein, dass sich in mir - selbst nach der dritten Immunisierung - bloß wenige Antikörper bildeten“.

Darum habe sie sich stets - auch privat - penibel an alle Schutzmaßnahmen gehalten: „Ich besuchte keine Lokale, verbrachte meine Freizeit zu Hause oder in der Natur.“ Dennoch: Im Jänner 2022 bekam sie Omikron, Typ BA.1. Abermals von ihrem Kind, abermals hatte es sich in der Schule angesteckt. „Die Krankheit verlief diesmal schlimmer. Aber mild im Vergleich zu meiner vierten Infektion.“ Vor einem Monat - „ich weiß nicht, woher“ - mit BA.2.

„Mir ging es in der Folge so schlecht, dass ich sogar eine Woche lang stationär behandelt werden musste.“ Seit wenigen Tagen arbeitet die Frau wieder, „ich bin noch immer sehr erschöpft. Und froh darüber, dass mir meine Chefs und Kollegen im Dienst viele Pausen gestatten.“

„Arge gesundheitliche Probleme“
„Offiziell gilt mein Krankheitsverlauf ja als mild“, sagt ORF-Redakteur Hadschi Bankhofer, „eben weil ich nicht hospitalisiert bin. Aber Tatsache ist: Meine Omikron-Infektion macht mir arge gesundheitliche Probleme.“ Wo und wie sich der 50-Jährige angesteckt hat, weiß er nicht.

Der 50-jährige Journalist ist auch Wochen nach seiner Infektion gesundheitlich noch ziemlich „angeschlagen“. (Bild: zVg)
Der 50-jährige Journalist ist auch Wochen nach seiner Infektion gesundheitlich noch ziemlich „angeschlagen“.

„Ich hatte immer großen Respekt vor Corona, habe stets sämtliche Schutzmaßnahmen eingehalten, bin natürlich dreimal geimpft. Und trotzdem hat mich das Virus ,erwischt‘.“ Fast zwei Wochen hindurch „hatte ich einen schlimmen Husten, das Atmen fiel mir oft schwer; ich war völlig kraftlos, meine Sauerstoffsättigung war manchmal schlecht.“

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Weil ich nicht hospitalisiert bin, habe ich offiziell einen milden Verlauf. Ich will nie erfahren, was es bedeutet, schwer an dem Virus zu erkranken.

ORF-Redakteur Hadschi Bankhofer

„Will nichts mehr, als endlich wieder fit sein“
Beschwerden, die sich nur langsam bessern „und in Schüben wiederkehren“. Zudem leide er an Müdigkeitsgefühlen: Was ihn - „ich bin sonst ein sehr energiegeladener Mensch“ - zunehmend beunruhigt: „Ich will nichts mehr, als endlich wieder fit sein. Um mein Leben vor Omikron zurückzubekommen.“

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