Einzigartiger Stromer

BMW CE 04: Was kann der Design-Elektroroller?

Motor
12.04.2022 00:00

Er sieht aus wie eine Studie und doch ist er ein serienmäßiger Elektro-Roller - und zwar ein richtig guter: BMW bringt den CE 04 auf den Markt - und damit den einzigen E-Scooter in der Motorradklasse. Er ist aber nicht nur deshalb exklusiv, sondern auch wegen seines Designs, seiner Top-Technik sowie der hochwertigen (teils optionalen) Ausstattung. "Krone-Motorredakteur Stephan Schätzl hat den Roller vor Markteinführung gefahren - seine Eindrücke hier im Video!

(Bild: kmm)

Eigens als solche konstruierte Elektrofahrzeuge müssen bei BMW auffallen und dürfen auch gerne polarisieren, siehe BMW iX oder die Studie XM. Das gilt auch für den CE 04, der allerdings das Glück hat, dass er im Gegensatz zum iX nicht vor allem auf dem chinesischen Markt gut ankommen muss. Und dass die Designer von BMWs Motorrad-Sparte freier und „wilder“ arbeiten können als die bei den Autos.

(Bild: jkuenstle.de)

Freier reden dürfen sie auch. So darf Designchef Edgar Heinrich das Wesen eines Elektrorollers ungestraft als „Batteriekiste mit Waschmaschinenmotor“ bezeichnen, große Motorroller sehen für ihn - nicht minder uncharmant - aus wie Dackel mit Gnubbelrädern. Dabei erkennt man, Heinrich ist nicht per se immer schon ein Fan des Segments gewesen, das er gerade bedient, er ist einer von altem Schrot und Korn, einer, der auf Vergaser steht. Und auf alles, was echt ist. Geradeheraus.

Und doch merkt man ihm die Begeisterung für seinen BMW CE 04 an, als er ihn in Barcelona präsentiert. Ja, er ist stylish und sexy geworden, durch und durch stimmig, auffallend, aber nicht irritierend. So etwas wie die Quadratur des Kreises, wenn man das Bild einer Waschmaschinendackels vor Augen hat.

Leichter Stromer
Tatsächlich wirken Scooter meistens schwer und schwerfällig. Ganz anders der CE 04, der eher Leichtigkeit ausstrahlt. Der mit 1,68 m relativ lange Radstand streckt die Optik, die flache Sitzbank (Sitzhöhe: 78 Zentimeter) hat was Zierliches und dass sie quasi schwebt, man also tatsächlich unter ihr durchschauen kann, lässt den Münchner luftig leicht wirken. Dazu kommt, dass sie praktisch ins Nichts ausläuft, das Kennzeichen wird hinterm Rad getragen, an einem schwingenfest montierten Träger. Der Schein trügt nicht: Mit 231 kg ist der BMW CE 04 wirklich als Leichtgewicht zu bezeichnen. Sein Vorgänger, der BMW C Evolution, brachte je nach Version 33 oder 44 kg mehr auf die Waage.

Wegen der schwebenden Sitzbank könnte man glauben, es gäbe keinen Stauraum - doch weit gefehlt: Das Fach ist von der rechten Seite her zugänglich (man muss dazu nicht mal absteigen) und fasst locker einen Integralhelm plus einige Kleinigkeiten, etwa das Ladekabel.

(Bild: Stephan Schätzl)
(Bild: Stephan Schätzl)

Roller oder Motorrad?
Oder heißt es sie? Also die CE 04? Da sind sie sich nicht ganz einig bei BMW, Roller werden männlich bezeichnet, Motorräder weiblich. Und die Sparte heißt ja nicht „BMW Roller“, sondern „BMW Motorrad“. Außerdem verbindet man mit Elektro-Rollern gemeinhin eher die billigen Baumarkt-Scooter, die aus China zu uns geschwemmt werden. Mit denen will man ein Edelteil wie den CE 04 nicht in einem Atemzug genannt wissen.

Hochvolttechnik aus dem iX
Die „Batteriekiste“ entstammt der aktuellen, fünften Generation von BMWs Hochvoltspeichern: Der Akku ist im Prinzip der Gleiche wie im iX, mit identischen Zellen. Allerdings verfügt das automobile E-Flaggschiff über elf Module (kleine Blöcke, die ähnlich aussehen wie Schokoladetafeln), der Roller lediglich über eines von ihnen. Die Zellen sind anders verschalten und ermöglichen im CE 04 eine Spannung von 147,6 Volt, die 400 Volt des iX gehen sich wegen ihrer Anzahl nicht aus. Selbst diese geringere Hochspannung markiert den Gipfel bei den E-Scootern; 48 Volt sind üblich. Aber damit wäre an eine Performance wie die des CE 04 nicht zu denken.

Elektroantrieb im Schnittmodell, samt optionaler Sitzheizung (Bild: Stephan Schätzl)
Elektroantrieb im Schnittmodell, samt optionaler Sitzheizung

Die Batteriekapazität beträgt 8,9 Kilowattstunden brutto, netto sind es mit 8,5 kWh nicht wesentlich weniger. Geladen wird serienmäßig an der Haushaltssteckdose mit 2,3 kW. Gegen rund 850 Euro Aufpreis befindet sich ein Schnellladegerät an Bord, das zwei- oder dreiphasig mit Wechselstrom laden kann, dann also mit 4,6 oder 6,9 kW. Vollladen eines leeren Akkus dauert entsprechend zwischen 1:40 und 4:20 Stunden. Das klassische Schnellladen von 20 auf 80 Prozent soll 45 Minuten in Anspruch nehmen.

Type-2-Buchse für das Laden zu Hause und an der Ladesäule (Bild: Stephan Schätzl)
Type-2-Buchse für das Laden zu Hause und an der Ladesäule

Motor aus dem BMW 225 xe
Der Antrieb des CE 04 ist wie die ganze Akkutechnik eine Eigenentwicklung, die auch in house gebaut wird (das meiste im Motorradwerk Berlin, Teile in Dingolfing). Der flüssigkeitsgekühlte permanenterregte Synchron-Elektromotor wurde abgeleitet von dem des BMW 225 xe, ist aber nur rund ein Drittel von ihm. Als Spitzenleistung gibt BMW 31 kW/42 PS an sowie ein aus dem Stand verfügbares maximales Drehmoment von 62 Nm. 

Anders als im C Evolution gibt es hier eine ganz normale Einarmschwinge, keine rollertypische Triebsatzschwinge. Per Zahnriemen wird die Kraft ans Hinterrad gereicht (Dimensionen: 120/70 R15 67H vorne, 160/60 R15 56H hinten).

Solcherart motorisiert pfeift der Roller, wenn die Ampel auf Grün umschaltet, in 2,6 Sekunden auf Tempo 50. Dabei sirrt der Motor vernehmlich, aber nicht lästig. Das Höchsttempo wird elektronisch auf 120 km/h begrenzt. Vorwärts. Rückwärts geht es mit maximal Schritttempo, solange man den R-Knopf an der linken Lenkereinheit gedrückt hält und gleichzeitig den Gasgriff dreht.

Adäquate Reichweite
Als Normreichweite werden 130 Kilometer kommuniziert. Durchaus realistisch. Bei ausgiebigen Testfahrten in Barcelona (Stadt, Autobahn, Berg) mit teilweise unvernünftiger Beschleunigung bin ich auf einen Durchschnittsverbrauch von 7,7 kWh/100 km gekommen, was einer Reichweite von 110 Kilometer entspricht. Beachtlich! Aber natürlich nicht für Tagestouren ins Hinterland geeignet. Egal, der BMW CE 04 ist gedacht als Commutermobil für die Stadt. Oder - wie es das Marketing nennt - als „Designstatement für die urbane Avantgarde“. Commuter? Zu Deutsch Pendler. Es geht auch darum, aus dem Speckgürtel adäquat in die Stadt reinzukommen.

Top-Navitainment
Serienmäßig an Bord ist das gestochen scharfe 10,25-Zoll-TFT-Display, das wir auch schon von anderen BMW-Motorrädern kennen. Auch hier kann man sein Smartphone via Bluetooth verbinden, um die kostenlose „BMW Motorrad Connected“-App zu nutzen. Dann kann man sich am Display die Navigationskarte anzeigen lassen und problemlos sein Ziel finden. Meistens zumindest, im Test hat die App hin und wieder gezickt.

Auch die Hauptansicht ist sehr innovativ. Eine Grafik zeigt an, wie viel Leistung abrufbar ist und wie stark rekuperiert wird, wenn man vom Gas geht - das hängt vom Fahrmodus ab. Eco, Rain und Road sind serienmäßig, Dynamic kostet extra.

(Bild: Stephan Schätzl)

Zusätzlich kann man über das Display auch seine Musik steuern, die man über ein Bluetooth-Headset hören will, oder auch Telefonanrufe.

Das Handy ruht derweil in einem aktiv belüfteten Fach vor den Knien, wo es per Kabel geladen werden kann.

Und so fährt sich der BMW CE 04
Es gilt das Motto aufsteigen und sich wohlfühlen, die Ergonomie passt. Serienmäßig ist die Sitzbank komplett flach, wodurch sie für jede Körpergröße geeignet ist. Die Knie haben genug Platz, das Display spiegelt nicht, die Spiegel bieten einen guten Blick nach hinten und auch ein etwaiger Sozius ist gut aufgehoben. Er muss sich allerdings am Fahrer festhalten. Die unterhalb der Sitzbank als Einkerbungen ausgeführten Haltegriffe sind zwar stylish, weil gut versteckt, sind aber unpraktisch.

Alternativ werden fünf verschiedene weitere Sitzbänke angeboten, auch eine Version mit Sitzheizung. Vor allem gibt es sie aber auch mit einem leichten Höcker, der das Becken unterstützt. Da sollte man das richtige Maß wählen, wenn man lange Beine hat.

(Bild: markus-jahn.com)

Die Beine hat man entweder aufgestellt - wenn man aktiv unterwegs ist - oder man streckt sie, stellt die Füße entspannt vorne auf das Trittbrett und gleitet entspannt dahin. Auch beim schnellen Fahren wird es nicht wackelig, der CE 04 läuft sehr stabil. Auch Kurven sind angenehm. Beim Durch-den-Stau-Schlängeln wird man hie und da vielleicht den kleinen Chinarollern unterlegen sein, in Wahrheit ist der BMW-Roller aber trotz seines langen Radstandes nicht besonders sperrig. Sein Vorteil: Das Heck ist extrem schmal, man bleibt also nicht leicht an einem Auto hängen.

Trotz des antrittsstarken Antriebs braucht man sich um Traktion nicht zu sorgen, die Antriebsschlupfregelung ist serienmäßig, gegen Aufpreis ist sogar Dynamic Traction Control zu haben. Ähnlich bei den Bremsen: ABS ist Serie, Kurven-ABS kostet extra. Apropos: Vorne greifen Vierkolben-Festsättel in eine 265-mm-Doppelscheibe, hinten ein Einkolben-Schwimmsattel in eine gleich große Einzelscheibe.

(Bild: markus-jahn.com)

Wobei man die Bremsen im Alltag nicht allzu sehr strapazieren wird. Vor allem im Eco- sowie im Dynamic-Mode bremst der Roller durch die Rekuperation so stark ab, dass man auf den Griff zu den Hebeln meist verzichten kann. Per Gasgriff ist das leicht zu dosieren. 

Auch als leistungsreduzierte L3e-A1-konforme Version
Der BMW CE 04 ist auch in einer 125-Version zu bekommen. Dann hat er immerhin noch 23 kW/31 PS Spitzenleistung, die offizielle Dauerleistung liegt bei 11 kW/15 PS. Drehmoment und Höchstgeschwindigkeit bleiben gleich. Allerdings reduziert sich die Netto-Akkukapazität auf 6,2 kWh, die Reichweite auf 100 Kilometer. Die Hardware bleibt identisch, das wird alles elektronisch gelöst. Daher kann man das später auch wieder ändern.

Die Heckleuchten sind Rück- und Bremslichter sowie Blinker in einem. (Bild: Stephan Schätzl)
Die Heckleuchten sind Rück- und Bremslichter sowie Blinker in einem.

Der Preis: Gleichermaßen teuer und günstig
Ab 12.150 Euro wird der BMW CE 04 in der Liste stehen, wenn er im Frühjahr zum Händler kommt. Das ist natürlich viel Geld für einen Roller, aber einige Tausender günstiger, als es der C Evolution war. Die Ausstattung ist ja auch nicht schlecht, wirklich dringend brauchen wird man keine der Optionen. Aber man kann das Vorhandene erweitern, etwa mit ABS Pro statt ABS, den extra-Dynamik-Modus, LED-Kurvenlicht samt Lichtanimationen statt der normalen LEDs rundum. Auch grafisch kann man nachlegen, z.B. mit Aufklebern für das Scheibenrad hinten.

(Bild: jkuenstle.de)

Fahrzit
Wer ihn sich leisten will, bekommt ein sehr praktisches Designstück, das gut zu fahren ist und Blicke auf sich zieht. Die sind durchwegs freundlich und wohlwollend, jedenfalls bei der zivilen Version. Aber es kann auch passieren, dass man von einem Uniformierten auf einem CE 04 im Verkehr angehalten wird: Der Roller wird ab Werk auch als Behördenfahrzeug ausgeliefert.

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(Bild: kmm)



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