Dass Bundeskanzler Karl Nehammer zu Gesprächen mit Wladimir Putin nach Russland reist, kann als Überraschung bewertet werden - und auch wieder nicht. Die österreichisch-russische Freundschaft war seit Beginn des Krieges ein zentraler Kritikpunkt. Jetzt könnte die sehr spezielle Nähe führender österreichischer (Ex-)Politiker zu Moskau zur Eintrittskarte in das Reich des Bösen werden. Wobei das Risiko groß ist, dass die Aktion nicht zum Coup, sondern zur Falle werden könnte.
Vorerst ist diese (europäische?) Mission für den innenpolitisch zuletzt ziemlich gebeutelten Kanzler jedenfalls ein PR-Erfolg. Was auf längere Sicht daraus werden kann, lässt sich unmöglich vorhersagen.
Selbst seine dicksten Freunde mussten lernen, dass Putin kein genialer Schachspieler, sondern ein skrupelloser Lügner ist. Gemeinsame Fotos mit ihm sind - im Gegensatz zu den Bildern mit Wolodymyr Selenskyj - nichts, womit sich ein zivilisierter Mensch schmücken möchte.
Andererseits könnte es vielleicht auch sein, dass Putin in einem Monat, am 9. Mai, dem „Tag des Sieges“ (seit 1965 Russlands wichtigster Feiertag), einen als „Befreiungs“-Euphemismus getarnten Triumph bekannt geben will. Die Chancen stehen schlecht, alle Anzeichen sprechen gegen einen baldigen Frieden. Aber sollte Putin eine gesichtswahrende Lösung für seinen verlustreichen Krieg gegen die Ukraine suchen, und Nehammer kann dabei eine Rolle spielen, dann muss der Bundeskanzler diese Möglichkeit nützen.
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