Nach Bin Ladens Tod
Ayman al-Zawahiri offiziell neuer Al-Kaida-Anführer
Der studierte Mediziner Zawahiri (Porträt in der Infobox) war die rechte Hand und Stellvertreter Bin Ladens und gilt als einer der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA, aber auch auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania 1998 mit über 200 Toten. Die US-Behörden haben für seine Ergreifung eine Belohnung von 25 Millionen Dollar ausgesetzt. Der Aufenthaltsort Zawahiris ist unbekannt, er wurde lange Zeit im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan vermutet.
Verstärkter Kampf gegen den Westen
Zawahiri hat bereits vor einer Woche einen fortgesetzten Kampf des Terrornetzwerks angekündigt. In einer Videobotschaft würdigte er Bin Laden als "Pionier des Jihad". "Wir müssen den Weg des Jihad fortsetzen, um die Besatzer aus dem Land des Islam zu vertreiben", sagte Zawahiri laut des auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierten US-Unternehmens SITE. Bin Laden werde den USA, Israel und ihren Verbündeten auch nach seinem Tod "Angst" einflößen.
Der Ägypter rief "alle Mujaheddin in Afghanistan, Pakistan, im Irak, in Somalia, auf der arabischen Halbinsel und im islamischen Maghreb" auf, ihre Bemühungen im Kampf gegen den Westen zu "verdoppeln". "Unseren Brüdern in Ägypten, Libyen, Tunesien und Syrien sagen wir, dass wir den gleichen Kampf führen wie sie - gegen Amerika. Wir bereiten uns vor für den Heiligen Krieg gegen die ungläubigen Invasoren und an ihrer Spitze die Kreuzfahrer aus den USA und ihr Mündel Israel sowie gegen jeden Herrscher, der sie unterstützt."
Die libyschen Aufständischen warnte er davor, sich auf ein "Tauschgeschäft" mit den NATO-Staaten einzulassen. Es sei falsch, sich auf die Luftangriffe der NATO zu verlassen. Die Libyer sollten sich selbst bewaffnen, forderte Zawahiri. Weiters bekräftigte die Allianz mit dem Taliban-Anführer Mullah Omar und rief die Pakistaner auf, ihre Regierung zu stürzen. Die Jemeniten warnte er davor, auf den Vorschlag der arabischen Golfstaaten für einen friedlichen Machtwechsel in Sanaa einzugehen. Zu den weiteren Zielen von Al-Kaida in der Post-Bin-Laden-Ära sagte Al-Zawahiri in dem knapp halbstündigen Video: "Wir werden unseren Heiligen Krieg in Kaschmir, auf den Philippinen, in Pakistan, Tschetschenien, im Irak und Palästina fortsetzen."
Den potenziellen Selbstmordattentätern unter den Al-Kaida-Anhängern riet er, keine Anschläge auf Märkte, Moscheen und andere öffentliche Orte mehr zu verüben. Beobachter der Terrorszene vermuten, dass vor allem die Anschläge auf Zivilisten im Irak dem Ansehen der Al-Kaida in Islamistenkreisen in den vergangenen Jahren sehr geschadet haben. In dem nunmehrigen Video trug Zawahiri einen sehr langen Bart, einen weißen Turban und ein einfaches weißes Gewand. Neben ihm an der Wand lehnte eine Schusswaffe.
"Bin Ladens wahre Grabstätte ist in den Herzen von Millionen"
An die Adresse der USA, die Bin Laden bei einer Kommandoaktion in Pakistan Anfang Mai getötet hatten, sagte der Ägypter: "Ihr habt euch über den Tod von Saddam Hussein gefreut, dann habt ihr den Irak den Gotteskriegern überlassen. Jetzt freut ihr euch über den Märtyrertod von Scheich Osama bin Laden, den Gotteskrieger, aber auch dies werdet ihr bereuen." Wütend äußerte er sich darüber, dass die US-Regierung die Leiche Bin Ladens im Meer versenkt hatte. "Doch seine wahre Grabstätte ist in den Herzen von Millionen", fügte er hinzu.
Das wie SITE auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisierte US-Unternehmen IntelCenter erklärte, der Zeitraum zwischen der Tötung Bin Ladens und der Veröffentlichung des Videos sei mit 39 Tagen relativ kurz. Normalerweise brauche Zawahiri im Durchschnitt 64 Tage für eine Antwort, was in der Regel auf Sicherheitsgründe zurückzuführen sei. Die schnelle Reaktion sei ein "offensives Bemühen", seine Nachricht zu Bin Ladens Tod schnell in die Welt zu setzen.
Zawahiri wird von Experten unterschiedlich einschätzt
Die Einschätzungen Zawahris sind recht unterschiedlich. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Robert Ayers sagte, Zawahri fehle das Charisma, er sei nur ein fahler Schatten Bin Ladens. "Er ist ein grauer Bürokrat, kein Führer, der die Truppen motivieren und zusammenführen kann." Sajjan Gohel von der Asia-Pacific-Foundation sagte, Zawahri führe die Al-Kaida praktisch schon seit Jahren. Ihm fehle aber die Fähigkeit, die unterschiedlichen arabischen Gruppen in der Organisation zu einen.
Der Londoner Journalist Abdel-Bari Atwan, der Bin Laden 1996 interviewte, beschreibt Zawahri als den "organisatorischen Kopf" hinter Al-Kaida. Ihm sei es gelungen, "Al-Kaida umzuwandeln von einer kleinen Organisation, die sich vor allem auf die Vertreibung von US-Einrichtungen aus Saudi-Arabien konzentrierte, in eine globale Organisation. Und er sei der von Bin Laden selbst auserwählte Nachfolger.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.