Gar nicht so selten: Beim sogenannten Lymphödem kommt es zu Flüssigkeitsansammlungen im Körper, die bisweilen arge Schwellungen verursachen. Patienten sind dadurch nicht nur verunsichert und gesundheitlich beeinträchtigt, sie wissen oft auch nicht, wo sie Hilfe finden. Fachärzte klären auf.
Rund 200.000 Menschen in Österreich leiden am sogenannten Lymphödem. Bei dieser Erkrankung schafft es das Lymphgefäßsystem nicht mehr, Flüssigkeit (Lymphe) aus bestimmten Körperstellen abzutransportieren. Es kommt dort zum Stau und einer Schwellung. In der Folge können Schmerzen und eine bakterielle Infektion (Rotlauf) mit hohem Fieber auftreten. Unterschieden wird zwischen einem sekundären und primären Lymphödem. Sekundär tritt diese Komplikation durch Operationen oder Bestrahlungen auf.
Wir versuchen zunächst, mit nicht operativen Methoden wie komprimierenden Verbänden (Druck), Lymphdrainage und Bewegungsübungen, den Stau zu verringern.
Prim. Dr. Silvia Brandstätter, Fachärztin für Physikalische Medizin
Zum Beispiel im Zuge von Brust-, Prostata-, Gebärmutter- oder Eierstockkrebs. Seltener ist das primäre, angeborene Lymphödem, verursacht durch Missbildungen der Lymphgefäße. Als wichtigste Behandlung dient die Entstauungstherapie. Sie kommt als erste Möglichkeit zum Einsatz. Prim. Dr. Silvia Brandstätter, Fachärztin für Physikalische Medizin, erklärt näher: „Wir versuchen zunächst, mit nicht operativen Methoden wie komprimierenden Verbänden (Druck), Lymphdrainage und Bewegungsübungen, den Stau zu verringern.“
Krankenkasse bezahlt die Entstauungstherapie
Allerdings ist nicht jede Schwellung ein Lymphödem. Dr. Brandstätter: „Natürlich erfolgt bei Symptomen eine sorgfältige Abklärung. Die Kosten für eine allfällige Komplexe Entstauungstherapie (KPE) übernimmt die Krankenkasse inklusive passendem Bandagiermaterial. Kompressionsstrümpfe werden nach Maß angefertigt. Spezielle Bandagiertechniken werden neben den Patienten auch deren Angehörigen beigebracht.“ Wie die Medizinerin bekräftigt, stellen Schulung und Information unverzichtbare Säulen der Behandlung dar. Eine weitere Option ist die lymphchirurgische Operation. Sie wird dann notwendig, wenn es trotz KPE zu keiner zufriedenstellenden Entstauung oder einer bleibenden Beeinträchtigung im Alltag kommt. Auf diesem Gebiet hat die moderne Medizin entscheidende Fortschritte erzielt, wie Prof. Dr. Chieh-Han John Tzou berichtet: „Wir können nun mit einer supermikrochirurgischen Technik den Lymphabfluss künstlich wiederherstellen.
Dabei werden unter dem Mikroskop einzelne Lymphgefäße an passende Venen des Blutgefäßsystems angeschlossen.“ Der Spezialist weiter: „Um möglichst direkt und mit einem kleinen Hautschnitt zu den Gefäßen zu gelangen, wird die betroffene Region mit einem sehr hochauflösenden Ultraschall untersucht.“ Dafür sind Radiologen zuständig. Facharzt Priv.-Doz. Dr. Stefan Meng: „Wir suchen den ganzen Körperabschnitt nach günstig gelegenen Lymphgefäßen ab. Diese kleinen Adern haben meistens einen Durchmesser von unter 1 mm. In enger Zusammenarbeit mit dem Chirurgen werden technisch geeignete Stellen besprochen und für den Eingriff markiert.“
Lymphgefäße mit freiem Auge nicht sichtbar
Prof. Dr. Tzou: „Ich benütze ein Mikroskop mit 50-facher Vergrößerung, um Lymphgefäße zwischen 0,3 und 0,9 mm Durchmesser zu finden. Diese erkennt man mit freiem Auge nicht. Dann schließe ich sie mit Spezialinstrumenten sowie extra feinem Nahtmaterial - dünner als ein Haar - an eine Vene an. So kann die Flüssigkeit ins Blutgefäßsystem abgeleitet werden. Die Schwellung nimmt danach dauerhaft ab.“ Das Lymphödem stellt damit eine Herausforderung an Spezialisten mehrerer Fachrichtungen dar. Bei entsprechend guter KPE-Vorbereitung und Ultraschallplanung steht einer erfolgreichen Operation mit nachfolgender Heilung bzw. deutlicher Besserung des Lymphödems nichts im Wege.
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