Online-Tool verrät:

Wird ein Roboter Ihnen den Job wegnehmen?

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14.04.2022 09:49

Die Zukunft der intelligenten Roboter wirft oft die Frage nach der Zukunft der Arbeitsplätze auf: Wie viele werden verschwinden und, vor allem, in welchen Bereichen? Antworten auf beide Fragen wollen nun Robotik-Spezialisten der ETH Lausanne (EPFL) sowie Ökonomen der dortigen Universität gefunden haben. In einem von ihnen entwickelten Online-Tool kann jeder abfragen, wie groß das persönliche Risiko ist, durch eine Maschine ersetzt zu werden.

„Es gibt bereits verschiedene Studien, die die Anzahl der Arbeitsplätze vorhersagen, die bald von Robotern übernommen werden, aber sie konzentrieren sich alle auf Software-Roboter, wie z.B. Sprach- und Bilderkennung, Roboter-Finanzberater, Dialoger etc. Darüber hinaus variieren diese Vorhersagen stark je nach Jobanforderungen und Softwarefähigkeiten. Unsere Studie hingegen betrachtet nicht nur Software für künstliche Intelligenz, sondern auch echte intelligente Roboter, die körperliche Arbeit verrichten“, erläutert Professor Dario Floreano, Direktor des Labors für Intelligente Systeme an der EPFL.

Berufsanforderungen verglichen
Zu diesem Zweck habe man eine Methode entwickelt, „die systematisch die menschlichen und robotischen Fähigkeiten vergleicht, die in Hunderten von Jobs benötigt werden“. Die wichtigste Neuerung der Studie besteht einer Mitteilung der Hochschule zufolge darin, dass sie die Fähigkeiten von Robotern in Abhängigkeit von den beruflichen Anforderungen in einer „bisher noch nie da gewesenen Weise“ kartografiert. Das Team befasste sich demnach mit der H2020 European Multiannual Roadmap for Robotics (MAR), einem strategischen Dokument der Europäischen Kommission, das in regelmäßigen Abständen von Robotik-Experten überprüft wird.

Die MAR beschreibt Dutzende von Fähigkeiten, die von heutigen Robotern gefordert werden oder von zukünftigen Robotern gefordert werden könnten, gruppiert in Kategorien wie Wahrnehmung, Erkennung oder Interaktion mit Menschen. Die Wissenschaftler untersuchten Forschungsdokumente, Patente und Produktbeschreibungen von Robotern, um den Reifegrad der Roboterfähigkeiten zu bewerten. Dabei verwendeten sie eine bekannte Skala zur Messung des technologischen Entwicklungsstands, den sogenannten technologischen Reifegrad.

Für die menschlichen Fähigkeiten nutzten sie die O*net-Datenbank, eine auf dem US-Arbeitsmarkt weitverbreitete Ressourcendatenbank, die rund 1000 Berufe nach den wesentlichen Fähigkeiten und Kenntnissen auflistet, die für die Ausübung erforderlich sind.

„Schlachter und Fleischverpacker“ am meisten bedroht
Nachdem das Team die menschlichen Fähigkeiten aus der O*net-Liste mit den Roboterfähigkeiten aus dem MAR-Dokument abgeglichen hatte, konnte es für jeden bestehenden Job die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der dieser von einem Roboter ausgeübt wird. „Nehmen wir zum Beispiel an, dass ein Job eine Bewegungsgenauigkeit im Millimeterbereich erfordert. Da Roboter in diesem Bereich sehr leistungsfähig sind, wird der technologische Reifegrad für die entsprechende Fähigkeit die höchste Stufe aufweisen. Ein Arbeitsplatz, der viele dieser Fähigkeiten erfordert, wird eher automatisiert werden als ein Arbeitsplatz, der kritisches Denken oder Kreativität erfordert“, erläutert die Hochschule.

Daraus ergab sich schließlich eine Klassifizierung von 1000 Arbeitsplätzen, nach der „Physiker“ am wenigsten wahrscheinlich durch eine Maschine ersetzt werden, während „Schlachter und Fleischverpacker“ das höchste Risiko tragen. Generell scheinen Arbeitsplätze in der Lebensmittelindustrie, im Baugewerbe und in der Instandhaltung, im Bauwesen und im Bergbau am stärksten von Robotern bedroht zu sein.

„Heute besteht die größte Herausforderung für die Gesellschaft darin, sich auf den Umgang mit der Automatisierung vorzubereiten“, sagt Professor Rafael Lalive, der die Studie an der Universität Lausanne mit leitete. Die Forscher entwickelten daher in einem zweiten Schritt eine Methode, mit der für jede beliebige Arbeit alternative Arbeitsplätze gefunden werden können, die ein deutlich geringeres Automatisierungsrisiko aufweisen und gleichzeitig hinsichtlich der erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse dem ursprünglichen Arbeitsplatz ähneln, sodass „der Umschulungsaufwand minimal und der berufliche Übergang machbar ist“.

Online-Tool ermittelt persönliches Automatisierungsrisiko
Die neuen Daten und Methoden wurden schließlich in einen Algorithmus umgewandelt, „der das Automatisierungsrisiko für Hunderte von Berufen vorhersagen kann und belastbare Karriereübergänge mit minimalem Umschulungsaufwand vorschlägt“. Um das persönliche Risiko zu ermitteln, muss lediglich die Berufsbezeichnung eingegeben werden - derzeit ist dies allerdings nur auf Englisch möglich.

„Diese Methode könnte für Regierungen nützlich sein, um die Anzahl der Arbeitnehmer, die einem Automatisierungsrisiko ausgesetzt sind, zu berechnen und ihre Umschulungspolitik anzupassen, aber auch für Unternehmen, um die Kosten der zunehmenden Automatisierung zu bewerten; für Roboterhersteller, um ihre Produkte besser an die Marktbedürfnisse anzupassen; sowie für die Öffentlichkeit, um die beste Art der Neupositionierung auf dem Arbeitsmarkt zu ermitteln“, so die Hochschule.

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