Nach Erfolgsmeldungen zu Millionen-Finanzierungen steht die Wiener Online-Nachhilfefirma GoStudent wegen ihrer Arbeitsbedingungen in der Kritik. Aktuelle und ehemalige Nachhilfe-Tutorinnen und -Tutoren erheben schwere Vorwürfe gegen das Start-up. GoStudent weist die Anschuldigungen zurück.
GoStudent hat weltweit über 19.000 Tutoren in 23 Ländern, die auf Freelance-Basis arbeiten. Eine im Jänner gestartete Online-Petition fordert bessere Arbeitsbedingungen bei der Online-Nachhilfefirma. Sie beinhaltet elf Forderungen, unter anderem pünktliche und bessere Bezahlung, fristgerechte Bearbeitung von Kündigungen, technische Verbesserungen und Erreichbarkeit des Supports. Bis dato unterstützen 377 Personen die Petition.
GoStudent verwies gegenüber der APA auf interne Umfragen, laut denen die Zufriedenheit der Tutoren in allen Ländern „sehr hoch“ sei. Ziel des Wiener Start-ups ist es, „die weltweit führende Nachhilfeplattform“ zu werden. „Dies erfordert Zeit, und wir sind uns bewusst, dass es auf dem Weg dorthin einige Herausforderungen geben kann“, so ein GoStudent-Sprecher am Donnerstag.
Man habe seit dem vierten Quartal 2021 mehr Schulungen für Tutoren angeboten und im Jänner 2022 einen neuen Feedback-Kanal eingeführt. Seit Anfang des Jahres seien auch die Ausfallzeiten der Plattform von insgesamt fünf Stunden pro Monat im Jänner auf insgesamt drei Stunden pro Monat im März gesunken. Um die Ausfallzeiten weiter zu verringern, hat das Start-up zuständige IT-Kräfte eingestellt.
Unzufriedenheit mit Bezahlung
Unzufrieden sind manche Nachhilfelehrer mit der Bezahlung. „Wir bekommen 13 Euro für 50 Minuten. Boni werden nur halbjährig ausgezahlt, um Leute zum Bleiben zu zwingen“, sagte eine Tutorin dem „Standard“. Kritik gibt es auch an der No-Show-Regelung. „Fällt eine Stunde aus, muss der Kunde die ganze Stunde bezahlen, Tutoren bekommen aber nur 7,50 Euro.“ Ausfälle würden aber oft an der technischen Infrastruktur liegen, gepaart mit mangelnder Erreichbarkeit des Support-Teams, hieß es von der Tutorin.
GoStudent verweist auf Vermittlerrolle
GoStudent entgegnete dem Bericht nach, dass Tutoren ihre Dienste selbstständig über die Plattform anbieten, man fungiere als Vermittler, Gehalt käme vom Kunden. Es gebe eine Auszahlungsfrist von fünf Tagen, um auf Anpassungen zu reagieren und internationale Auszahlungsprozesse zu koordinieren.
Das Vorzeige-Start-up hat bisher knapp 600 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt und wurde zuletzt mit drei Milliarden Euro bewertet. Kein anderes Start-up in Österreich hat eine höhere Bewertung. Im März kündigte GoStudent eine große USA-Expansion an, im April wurde ein Standort in Rom eröffnet.
Die Online-Nachhilfefirma schließt mit den selbstständigen Tutoren einen Vermittlungsvertrag ab. Werkverträge oder ein freies Dienstverhältnis für die Nachhilfelehrer gibt es nicht. Das Start-up vermittelt potenzielle Schüler an die Tutoren und stellt die Online-Plattform zur Verfügung. Würde GoStudent spezielle Regeln für die selbstständigen Tutoren vorgeben, etwa ein Konkurrenzverbot, bestehe „der Verdacht der Scheinselbstständigkeit“, sagte die Arbeitsrecht-Expertin der Arbeiterkammer Wien, Jasmin Haindl, dem „Standard“.
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