Ultimatum abgelaufen
Entscheidung um Mariupol: „Kämpfen bis zum Ende“
Stunden der Entscheidung in Mariupol: Ein Ultimatum der russischen Armee an die verbliebenen ukrainischen Kämpfer in der strategisch wichtigen Hafenstadt ist am Sonntag ausgelaufen. Der Fall Mariupols könnte das Aus für die russisch-ukrainischen Verhandlungen über einen Waffenstillstand bedeuten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hatte gedroht, die Gespräche zu beenden, sollten die ukrainischen Kämpfer in Mariupol getötet werden.
Russland hatte den in Mariupol verbliebenen ukrainischen Kämpfern eine Frist bis Sonntagmittag gesetzt, um ihre Waffen niederzulegen. Für den Fall der Missachtung des Ultimatums drohte Moskau ihnen mit dem Tod. „Ihre einzige Chance, ihr Leben zu retten, besteht darin, freiwillig die Waffen niederzulegen und sich zu ergeben“, erklärte das russische Verteidigungsministerium am Samstag. Nach Verstreichen des Ultimatums befanden sich die ukrainischen Kämpfer offenbar weiter in den Stahlwerken von Mariupol.
Unsere Streitkräfte, unsere Soldaten sind noch immer dort. Sie werden bis zum Ende kämpfen.
Denys Schmyhal
„Immer noch dort“
„Nein, die Stadt ist nicht gefallen“, betonte der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal am Sonntag gegenüber dem US-Fernsehsender ABC. „Unsere Streitkräfte, unsere Soldaten sind noch immer dort. Sie werden bis zum Ende kämpfen. Während ich zu Ihnen spreche, sind sie noch immer in Mariupol.“ Die letzten Verteidiger der strategisch wichtigen Hafenstadt „werden bis zum Ende kämpfen“, sagte Schmyhal.
Sollte Russland Mariupol einnehmen, wäre es die erste größere Eroberung seit Beginn des Kriegs am 24. Februar. Nach Darstellung Russlands haben seine Truppen die Stadt weitgehend unter Kontrolle.
Keine Möglichkeit zur Flucht
Geplante Fluchtrouten blieben am Sonntag geschlossen: Es sei nicht gelungen, mit den russischen „Besatzern“ zu einer Einigung über eine Feuerpause für das Gebiet zu kommen, erklärte Wereschtschuk. Bei einem tödlichen Angriff auf ukrainische Flüchtlinge im Bahnhof von Kramatorsk waren Anfang April nach ukrainischen Angaben mehr als 50 Menschen getötet worden.
Die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk appellierte an Russland, Fluchtkorridore für Zivilisten aus Mariupol zu öffnen. Insbesondere für Frauen und Kinder müsse ein „humanitärer Korridor“ geschaffen werden, schrieb sie im Messengerdienst Telegram.
Zivilisten von Hunger bedroht
Mariupol wird seit den ersten Tagen nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar belagert. Inzwischen ist die einst über 400.000 Einwohner zählende Stadt im Südosten weitgehend zerstört, die humanitäre Lage ist katastrophal. Mehr als 100.000 Zivilisten in der Stadt sind nach Angaben des Welternährungsprogramms akut von Hunger bedroht.
„Werden unser Territorium nicht aufgeben"
Selenskyj bezeichnete die Lage in Mariupol in einer Videobotschaft als „unmenschlich“. Russland versuche „vorsätzlich, jeden zu vernichten, der dort ist“. „Wir werden unser Territorium nicht aufgeben“, sagte er dem US-Nachrichtensender CNN laut englischer Übersetzung in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview. An den Westen appellierte Selenskyj, seinem Land „sofort alle notwendigen schweren Waffen“ zu liefern.
Wollen Sieg in Donbass verkünden
Seit dem Rückzug der russischen Streitkräfte aus dem Großraum Kiew hat sich das Kampfgeschehen zunehmend auf die Süd- und Ostukraine verlagert. Experten gehen davon aus, dass Russland bis zum symbolisch enorm wichtigen 9. Mai den Sieg im ukrainischen Donbass verkünden will.
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