Der ÖVP-Untersuchungsausschuss findet am Mittwoch seine Fortsetzung. Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl hat mit der „Krone“ über Chats, Politbomben und den umstrittenen Vorsitzenden gesprochen.
Der Richter hat sein erstes Urteil gefällt. „Die Stimmung ist diesmal weniger aufgeheizt als bei Ibiza.“ Dies liege wohl auch daran, dass das Feindbild Sebastian Kurz und dessen System nicht mehr vorrätig seien. Wolfgang Pöschl leitet seit März auch die Fortsetzung der durch einen Balearenrausch blauer Stars ausgelösten politischen Aufarbeitung. Nun gibt es einen klaren türkisen Fokus und altbekannte Probleme, erzählt der erprobte Richter Pöschl im Gespräch mit der „Krone“.
„Oft kennen wir Chats nicht, die uns vorgelegt werden. Man muss sich dann zeitraubend damit auseinandersetzen.“ Täglich müsse man mit neuen „Explosionen“ durch Chats rechnen. „Das Problem ist, dass die Auswertungen zu spät im Ausschuss landen. Die Justiz spricht von Personalmangel.“ Zudem könnten sich die vielen Beschuldigten der Aussage entschlagen, da alle Fälle um Ibiza, Casinos und Co. in einem Akt liegen. „Das ließe sich leicht ändern und wäre förderlich.“
Pöschl nennt das Beispiel des Ex-Finanzministers Hans Jörg Schelling. Der sollte zu Wolf aussagen (der türkise Gönner erhielt Steuererleichterungen) als auch zu Studienaffären und Budgetfragen. Schelling entschlug sich umfassend. Weil alles in einem Akt. „Die Fälle hatten nichts miteinander zu tun. Das konnte ich nicht tolerieren. Wenn das Schule macht, führt sich der Ausschuss ad absurdum.“
Wenn man sich die fünf Parteien anhört, glaubt man, man war in fünf verschiedenen Kinos. Ich pflege zu allen die gleiche Äquidistanz.
Wolfgang Pöschl, Verfahrensrichter im ÖVP-Ausschuss
Vorsitzender Sobotka bleibt ein Reibebaum
Ein heikles Thema ist auch der Vorsitzende. Wolfgang Sobotka. Umstrittenes ÖVP-Urgestein. Pöschl: „Man kann seine Rolle kritisch sehen. Ich bin aber sein Berater. Als solcher kritisiere ich ihn nicht. Und wenn er sich fallweise befangen fühlt, gibt er den Vorsitz auch ab.“ Überdies habe Sobotka seinen Bericht von Ibiza eins zu eins übernommen.
Ein Richter wie Wolfgang Pöschl habe als Vorsitzender nichts verloren. Auch wenn es oft gefordert wird. „Als Richter ist man Fremdkörper und wird nicht akzeptiert. Der Ausschuss ist ein parlamentarisches Instrument. Das muss ein Parlamentarier lenken.“
Außerdem gehe es vor Gericht höflicher und freundlicher zu, da dürfe jeder ausreden. Warum Pöschl sich das wieder antut? „Es ist speziell. Wenn sich die Abgeordneten einschenken. Oder die spontanen Entscheidungen, die man fällen muss. Das ist wie Adrenalin. “
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