Kiew ist vorbereitet

Russland nimmt den Osten der Ukraine in die Zange

Ausland
21.04.2022 06:05

Moskaus Blitzkrieg ist gescheitert, nun will man im Osten per Zangenbewegung die ukrainischen Streitkräfte vernichten. Eine altbewährte Taktik, doch Kiew ist vorbereitet.

Russland hat zwar nach acht Wochen Krieg seine territorialen Ziele geändert und legt den Fokus nun auf die Ostukraine. Aber ein Ziel bleibt bestehen: die Vernichtung der ukrainischen Streitkräfte. Der gleichzeitige Angriff von vier Fronten, um die Ukraine schnell in die Knie zu zwingen, scheiterte.

Noch funktioniert der Nachschub an schwerem Kriegsgerät. (Bild: www.viennareport.at)
Noch funktioniert der Nachschub an schwerem Kriegsgerät.

Nun heißt das Zauberwort: Zangenbewegung. Eine alte, aber bewährte Taktik. Die Griechen wandten sie bei der Schlacht von Marathon gegen die Perser an, der Karthager Hannibal vernichtete so das römische Heer bei Cannae. Und auch wenn sich Ausrüstung und Material verändert haben, ist das Prinzip dasselbe geblieben. „Es gibt die einfache Umfassung, oder, was wir in der Ostukraine sehen, die doppelte Umfassung. Man versucht von zwei Seiten hinter den Gegner zu gelangen, ihn einzuschließen und vom Nachschub abzuschneiden“, erklärt Militärexperte Oberst Markus Reisner.

Militärexperte Oberst Markus Reisner (Bild: BMLV)
Militärexperte Oberst Markus Reisner
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Bei einer doppelten Zangenbewegung versucht man, von zwei Seiten hinter den Gegner zu gelangen, ihn einzuschließen und vom Nachschub abzuschneiden.

Militärexperte Oberst Markus Reisner

Erbitterter Kampf statt Rückzug der Ukraine
Die Vorbereitungen sind seit zwei Wochen zu beobachten. Zunächst durch punktuelle Angriffe auf Nachschublinien. Jetzt geht die Hauptphase los. Starkes Artilleriefeuer, um im Schutz der Raketen langsam vorzurücken. Die Herausforderung für Russland ist dabei, die Flanken vor Angriffen von außen und innen zu schützen. Im Osten stehen seit 2014 kampferprobte ukrainische Einheiten, die genau diese Zangenbewegung erwarten. Warum?

Für eine breite Front fehlt es an Truppen. „Wenn sie nicht umfasst werden wollen, müssten sie Gelände preisgeben und sich auf die nächste logische Verteidigungslinie zurückziehen, und das ist der Fluss Dnepr“, erklärt Reisner. Die Ukraine müsste ein Gebiet aufgeben, das halb so groß ist wie Österreich. Da es um ihr Heimatland geht, ist eher ein erbitterter Kampf zu erwarten. Wie verteidigt man eine Zangenbewegung?

„Die Ukraine hat drei Verteidigungslinien angelegt“, so Reisner. „Eine Linie besteht aus Panzergräben, Minenfeldern, Infanteriestellungen und Bunkern aus Beton und Stahl. Die sind dort festgefressen.“ Die Chancen sieht Reisner bei 50:50. Der Nachteil der Ukraine: „Besagte Truppen liegen seit acht Wochen unter Feuer. Das nützt ab.“ Der Nachteil der Russen: Die Ukrainer sind tief eingegraben, und der Nachschub funktioniert noch. Angriffe werden gezwungenermaßen verlustreich sein. „Das nagt an der Moral“, sagt Reisner.

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Die Chancen stehen 50:50. Die Ukrainer haben sich jahrelang darauf vorbereitet, haben ihre Stellungen noch verstärkt und noch zusätzliche Waffen hereinbekommen.

Militärexperte Oberst Markus Reisner

Je eine Trumpfkarte für einen schnellen Sieg
Eine Trumpfkarte haben beide Seiten: Gelingt es der Ukraine, den kommandierenden General der Russen auszuschalten, werden sich die Truppen zurückziehen müssen. Gelingt umgekehrt den Russen der Durchbruch, könnte Panik ausbrechen und die Ukrainer ihre Stellungen verlassen. 

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