Politiker abgehört

Pegasus-Spyware: Katalonien sieht die EU gefordert

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21.04.2022 09:26

Die Regierung der spanischen Autonomieprovinz Katalonien sieht das Abhören der Telefone von mehr als 60 Unabhängigkeitsbefürwortern als „dringende europäische Angelegenheit“ an. Das erklärte die Landesrätin für außenpolitische Angelegenheiten der Autonomieregierung Kataloniens, Victòria Alsina i Burgés, am Mittwoch bei einem Pressegespräch in Wien. Dieser Spionageskandal sei „ein Wendepunkt“ und erfordere auch das Eingreifen der Europäischen Union.

Alsina zufolge dürfe die EU nicht mit zweierlei Maß messen, wenn es darum gehe, die Einhaltung der bürgerlichen Grundrechte zu beurteilen. Wenn im Falle Chinas oder Russlands das Ausspionieren der eigenen Bürger kritisiert wird, sollten die gleichen Standards auch für die EU-Mitgliedstaaten gelten. In diesem Fall sei eine „rote Linie“ überschritten worden, so die inoffizielle „Außenministerin Kataloniens“.

Darüber hinaus sollten auch für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen dieselben Regeln gelten. Wenn die Verletzung der Menschen- und Bürgerrechte in Polen beispielsweise ein Problem für die EU-Institutionen sei, müsse man genauso reagieren, wenn das Gleiche in Spanien geschehe, sagte die katalanische Politikerin.

Alsina brachte ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass es im Interesse der EU sein sollte, eine gründliche Untersuchung einzuleiten, um die Verantwortung für den Abhörskandal in Katalonien zu klären, da dies jederzeit in einem anderen EU-Land geschehen könne.

Lauschangriff mit Spyware „Pegasus“ 
Die kürzlich von der kanadischen Forschungsgruppe Citizen Lab aufgedeckte Abhöraktionen von über 60 katalanischen Politikern, Anwälten, Journalisten und anderen Personen aus dem privaten und beruflichen Umfeld der Unabhängigkeitsbewegung zwischen den Jahren 2017 und 2020 stelle überdies die bis dato „umfassendste Anwendung der israelischen Pegasus Software weltweit“ dar, so Victòria Alsina i Burgés.

Die katalanische Regierung vermutet, dass die spanische Regierung und ihr Geheimdienst hinter den Lauschangriffen stecken. Das israelische Unternehmen NSO Group, das die Spionage-Malware betreibt, gibt an, das Programm werde nur an staatliche Einrichtungen zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität verkauft. Bisher habe die spanische Regierung jedoch behauptet, nichts davon zu wissen; sie habe jegliche Verantwortung abgestritten, erinnerte die katalanische Politikerin.

Dialogprozess mit Madrid eingefroren
Der Skandal hat den Dialogprozess zwischen der spanischen Zentralregierung des Sozialisten Pedro Sánchez und der katalanischen Regierung von Pere Aragonés auf Eis gelegt, wie letzterer am Dienstag mitteilte. Der Dialog war vor etwas mehr als zwei Jahren ins Leben gerufen wurde, um eine friedliche Lösung des Konflikts um die katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen zu finden.

Alsina spielte die Bedeutung dieses Einfrierens herunter, denn ihrer Meinung nach war diese von der Zentralregierung angebotene Dialogplattform von Anfang an ein reiner „Marketing“-Trick, der den katalanischen Autonomie- und Unabhängigkeitsbestrebungen bisher keinen wesentlichen Nutzen gebracht hat. Ziel ihrer Reise sei die „Intensivierung der Zusammenarbeit Kataloniens mit der mitteleuropäischen Region“ in allen möglichen Bereichen, sowohl in kultureller, akademischer und wirtschaftlicher, als auch in politischer Hinsicht, erklärte die „katalanische Außenministerin“.

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