Der Frühling ist da, sind es die Gefühle auch? Ute und Hans Giffey wissen, was glückliche Paare richtig machen. Das Geheimnis um Hagelstürme und das richtige Raumklima lüften die Paartherapeuten in der „Krone“.
„OÖ Krone“:Sie bezeichnen sich selbst als Beziehungsarchitekten. Was hat es damit auf sich?
Ute: Eine Beziehung erfordert Energie und Aufmerksamkeit – genauso wie das Hausbauen. Wir denken gern in „Paarräumen“. In einem Paarraum sind zwei Individuen zuhause, und je nachdem, was jeder reinbringt oder herausnimmt, verändert sich das Raumklima. Schon ein Funken Humor kann eine Veränderung bewirken. Wir können unseren Paarraum selbst gestalten – das ist doch eine gute Nachricht! Eine glückliche Beziehung ist eine bewusste Entscheidung.
Aber sollte sich nicht alles ganz leicht anfühlen, wenn es wirklich die große Liebe ist?
Hans: Stellen Sie sich einen Garten vor. Bei einem Garten, der verwahrlost und ungepflegt ist, weiß man gar nicht, wo man anfangen soll. Einer, um den man sich laufend liebevoll kümmert, macht zwar auch Arbeit – aber noch viel mehr Freude.
Was also tun, damit der „Garten“ schön bleibt?
Ute: Es ist wichtig, den Blick auf das Du, das Ich und das Wir zu haben. Beide Partner sind dafür verantwortlich, für das Wir gut zu sorgen. Und wenn mich an meinem Partner ein Verhalten stört oder irritiert, sollte ich versuchen, die Motivation dahinter zu verstehen. Warum macht er das so? Oft kommt etwas ganz anders an, als es gemeint war.
Muss ich denn meinen Partner nehmen, wie er ist, oder kann ich mir wünschen, dass er mir zuliebe etwas ändert?
Hans: In einer Beziehung gibt es zwei, drei Streitpunkte, die immer wieder kehren und die uns, auch aus der eigenen Geschichte heraus, emotional wirklich belasten. Diese empfindsamen Punkte sollte man erkennen und dem Partner mitteilen. An ihnen sollte man arbeiten.
Ute: Hans hat zum Beispiel eine Handbewegung, die in mir ein heftiges Gefühl der totalen Abwertung auslöst. Für ihn war meine heftige Reaktion darauf nicht nachvollziehbar, aber seit er es weiß, passt er auf, das nicht mehr zu machen. Von diesen empfindsamen Punkten abgesehen, braucht es eine gewisse Großzügigkeit. Wir sind verschieden und können über gewisse Eigenschaften des Partners auch einfach mal schmunzeln. Wir müssen nicht alles größer machen, als es ist.
Wenn man in irgendetwas gut sein will, muss man bereit sein, dazuzulernen. Warum sollte es in einer Paarbeziehung anders sein?
Ute und Hans
Schmunzeln, wenn die Emotionen hochkochen – wie geht denn das?
Hans: Gar nicht. In dem Fall kann man aber „Pause“ sagen und sich in fünf Minuten noch einmal treffen.
Ute: Mit neuer Haltung und dem Wunsch nach Verständigung. Nicht rausgehen und neue Munition sammeln, die ich bei der ersten Gelegenheit losfeuere!
Hans: Ute hat mich früher oft so in Grund und Boden geredet, dass ich dachte, da brauche ich gar nicht anfangen, und mich zurückgezogen habe. Typisch Hagelsturm und Schildkröte.
Wie bitte?
Hans: 95 Prozent der Paare haben diesen Temperamentsunterschied: Hagelsturm und Schildkröte. Der Gegensatz wirkt am Anfang anziehend, kann später aber zum Konflikt werden.
Ute: Es ist wichtig, diesen Unterschied zu überbrücken und aufeinander zuzugehen, damit die Verständigung nicht unterbrochen wird. Das kann man lernen. Man muss ja überall dazulernen, wenn man gut sein will. Warum sollte es in der Paarbeziehung anders sein?
Wie haben Sie es gelernt?
Hans: Vor 30 Jahren, als ich, Schildkröte, meine Frau nach einem Streit 14 Tage mit Schweigen gestraft habe.
Ute: Irgendwann hab’ ich hysterisch meinen Koffer gepackt, bin mit Türknallen aus dem Haus und hab gesagt: Wenn du bis zur Brücke nicht hinter mir bist, gehe ich nie wieder zurück. Er hat mich gerade noch erwischt.
Hans: Erst das Wissen, dass ich dabei bin, sie zu verlieren, hat mich aus meinem Panzer gelockt. Der Panzer hat mit Selbstschutz zu tun. Meine Kindheit war geprägt von Gewalt und Terror. Meine Strategie war: Nicht mehr reden, schnell einschlafen, das alles irgendwie durchstehen. Noch heute falle ich in einen Tiefschlaf, wenn die Spannung steigt.
Ute: Was für mich Geringschätzung pur war, wenn ich argumentiert habe und ihm dabei die Augen zugefallen sind. Seit ich den Grund kenne, versuche ich, weniger Hagelsturm zu sein. Ich will dem Hans ja nicht wehtun, indem ich seine inneren Auslöser betätige.
Hans: An der Brücke haben wir erkannt, dass wir uns lieben, aber etwas ändern müssen. Unsere Suche nach Antworten hat uns dorthin gebracht, wo wir heute stehen.
Liebe ist immer mit Risiko verbunden. Engagement und das Vertrauen darauf, dass sich das Risiko lohnt, sind die Voraussetzung für gelingende Beziehungen.
Ute und Hans
Sie sind ja seit 38 Jahren ein Paar. War es denn Liebe auf den ersten Blick?
Ute: Wir konnten uns nicht ausstehen! Beruflich mussten wir es aber vier Monate auf einem Schiff miteinander aushalten. Es war Beziehungspflege notwendig, von Anfang an – aber wir sind froh, dass wir es durchgezogen haben.
In Paarräumen denken und Motive erkennen hilft. Aber gibt es auch etwas, das glückliche Paare nicht tun sollten?
Ute: Die eigene Unzufriedenheit über Kritik am Wesen des anderen äußern.
Hans: Bedürfnisse über Vorwürfe auszudrücken. Es statt „Du schenkst mir nie Blumen“ mit „Ich würde mich über Blumen freuen“ versuchen. Die Sehnsucht mehr betonen.
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