„Halte es für sinnlos“

Putin stoppt Erstürmung von Stahlwerk in Mariupol

Ausland
21.04.2022 17:24

Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Donnerstag die Erstürmung des Stahlwerks Asowstal in der seit Wochen umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol gestoppt. Stattdessen solle das Gelände abgeriegelt werden, sodass „nicht mal eine Fliege durchkommt“. Am Mittwoch hatte ein ukrainischer Kommandeur einen verzweifelten Appell auf Facebook geteilt. Hunderte Zivilisten, Soldaten und Verwundete stecken seit Tagen in den Tunneln der Anlage fest.

„Ich halte die vorgeschlagene Erstürmung des Gewerbegebiets für nicht notwendig“, erklärte Präsident Putin bei einem Treffen mit dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu im Kreml. „Ich befehle ihnen, diese abzusagen“, sagt er. Es sei nicht nötig, in die Katakomben unter dem Werk einzudringen, so Putin. „Riegeln Sie das Gebiet ab, sodass keine Fliege durchkommt“, befahl er Schoigu.

Wladimir Putin und Sergei Schoigu (Bild: Russian Presidential Press Service via AP)
Wladimir Putin und Sergei Schoigu

Zur Sicherheit der russischen Soldaten solle das Stahlwerk nicht weiter angegriffen werden. Die im Stahlwerk verschanzten ukrainischen Kämpfer würden mit ihrem Leben davonkommen und respektvoll behandelt werden, wenn sie sich ergeben, hieß es von russischer Seite. Laut Schoigu ist der Rest der Großstadt Mariupol inzwischen ganz unter russischer Kontrolle.

Hafenstadt ist seit Kriegsbeginn heftig umkämpft
Mariupol mit einst mehr als 400.000 Einwohner ist seit Kriegsbeginn heftig umkämpft und mittlerweile seit mehreren Wochen von russischen Truppen eingeschlossen. Versuche, die Zivilisten zu evakuieren, scheiterten Großteils. Laut Schoigu habe man aber mehr als 140.000 Menschen ermöglicht, die Stadt zu verlassen.

Der Kommandant der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolyna, wandte sich mit einem verzweifelten Hilferuf an die Öffentlichkeit. (Bild: kameraOne (Screenshot))
Der Kommandant der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolyna, wandte sich mit einem verzweifelten Hilferuf an die Öffentlichkeit.

Von den ukrainischen Streitkräften rund um das Stahlwerk hätten sich fast 1500 Kämpfer bereits ergeben, hieß es seitens Moskaus. Am Mittwoch teilte ein ukrainischer Kommandeur, der in Asowstal festsitzt, einen verzweifelten Appell auf Facebook (siehe auch Video oben): „Das ist unser Appell an die Welt. Dies könnte der letzte Appell unseres Lebens sein. (…) Wir alle - das Militärbataillon von Mariupol, mehr als 500 Verwundete und Hunderte von Zivilisten, darunter Frauen und Kinder - bitten, uns auf dem Territorium eines Drittstaates in Sicherheit zu bringen. Danke.“

Kommandant: „Feind ist uns 10 zu 1 überlegen“
„Der Feind ist uns 10 zu 1 überlegen“, sagte der Kommandant der ukrainischen 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolyna, in der Mittwochfrüh auf Facebook veröffentlichten einminütigen Videobotschaft. „Wir appellieren an alle führenden Politiker der Welt, uns zu helfen.“ Russland habe Vorteile in der Luft, bei der Artillerie, den Bodentruppen, bei Ausrüstung und Panzern. Die ukrainische Seite verteidige nur ein Objekt, das Stahlwerk Asowstal, erklärte er.

Ukrainische Behörden gehen davon aus, dass sich neben Hunderten verletzten Kämpfern auch rund eintausend Zivilisten auf dem Gelände des Stahlwerks in Mariupol befinden. Die Hafenstadt am Asowschen Meer gilt als strategisch wichtig, liegt sie doch zwischen den pro-russischen, selbst ernannten Volksrepubliken von Luhansk und Donezk und der von Russland bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim.

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