Bisher ist Ex-Volkswagen-Chef Martin Winterkorn im Dieselskandal gerichtlich ungeschoren davongekommen, doch nun muss er möglicherweise doch vor den Kadi wegen möglicher Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz. Das Oberlandesgericht Braunschweig entschied, dass das Landgericht das Verfahren gegen den 74-Jährigen womöglich zu Unrecht nicht wiederaufnehmen wolle. Es wies das Gericht an, erneut über den Antrag der Staatsanwaltschaft zu entscheiden.
Das Landgericht Braunschweig hatte im Jänner 2021 geurteilt, das Verfahren gegen Winterkorn wegen einer ihm drohenden erheblich höheren Strafe in dem ebenfalls in Braunschweig laufenden Betrugsprozess um die Dieselmanipulation einzustellen. Diese Erwartung habe sich jedoch nicht erfüllt, da das Verfahren gegen Winterkorn in dem Strafprozess wegen dessen Gesundheitszustand abgetrennt wurde.
Bisher hat Winterkorn lediglich 11,2 Millionen Euro aus seinem Privatvermögen an Volkswagen zahlen müssen. Darauf hatte er sich mit seinem früheren Arbeitgeber in einem Haftungsvergleich geeinigt. Das klingt nach mehr, als es ist. So stehen ihm trotz des Skandals u.a. knapp 4 Millionen Euro an Bonus und Sondervergütung zu - für das Jahr 2016, also das Jahr, nachdem der Dieselskandal aufgeflogen ist. Außerdem stehen ihm (laut Geschäftsbericht 2015) insgesamt- 28,5 Millionen Euro Pension zu.
Den größten Anteil des Winterkorn zugerechneten Schadens trägt die von VW abgeschlossene Manager-Haftpflichtversicherung: weitere 270 Millionen für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der sogenannten „Dieselthematik“ drauf.
Bisher 32 Mrd. Euro VW-Zahlungen
Volkswagen hatte vor fast sieben Jahren auf Druck der US-Umweltbehörde EPA zugegeben, Diesel-Abgaswerte durch eine Software manipuliert zu haben. Diese sorgte dafür, dass die Motoren die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand zwar einhielten, auf der Straße aber ein Vielfaches dieser schädlichen Abgase ausstießen. Die Wiedergutmachung kostete Volkswagen bisher mehr als 32 Mrd. Euro, vor allem Strafen und Schadensersatzzahlungen in den USA.
Aussageverweigerung lähmt Prozess
Der Betrugsprozess gegen vier frühere Führungskräfte von Volkswagen vor dem Landgericht kommt seit Monaten nur schleppend voran, weil Zeugen meist von ihrem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch machen. Außerdem mussten wegen der Corona-Pandemie zahlreiche Verhandlungstermine abgesagt werden. Bisher ist unklar, ob der in dem Skandal zurückgetretene Winterkorn vor dem Gericht erscheinen muss.
Daneben läuft seit 2018 ein Prozess, bei dem es um Forderungen meist institutioneller Anleger in Milliardenhöhe geht. Sie werfen Volkswagen vor, die Informationen über den Abgasskandal lange geheim gehalten zu haben und ihnen dadurch einen Wertverlust ihrer Aktien eingebrockt zu haben.
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