Amtsmissbrauch

Haftstrafe für Salzburger Kripo-Beamten

Salzburg
21.04.2022 18:24

Mehr als ein Dutzend Kriminalbeamte hörten am Donnerstag im Landesgericht Salzburg fassungslos, wie der einst gefeierte Kollege des 16-fachen Amtsmissbrauchs für schuldig erklärt wurde. Der Polizist fälschte erwiesenermaßen Amtsberichte, fingierte Festnahmen und verschleierte Identitäten und soll jetzt dafür ins Gefängnis. Das nicht rechtskräftige Urteil: 24 Monate teilbedingte Haft, acht davon unbedingt. 

102.000 Euro an Steuergeld konnte ein Krimineller Ende 2015 einem verdeckten Ermittler bei einem Drogen-Scheingeschäft abluchsen. Dieser Fall war der Anfang vom Ende einer illustren Karriere als Suchtgift-Ermittler. Beim Prozess ein Jahr später gab der nun angeklagte Polizist als Zeuge zu, Berichte gefälscht und Inhalte verschleiert zu haben. Anwalt Kurt Jelinek erstattete Strafanzeige. Fünfeinhalb Jahre später folgte die Anklage, die am Donnerstag um 16.55 Uhr mit einem Schuldspruch endete – wegen 16-fachen Amtsmissbrauchs und zweifacher falscher Beweisaussage. Strafe: 24 Monate teilbedingte Haft, acht davon unbedingte Gefängnisstrafe.

Fassungslosigkeit bei den zuhörenden Polizisten

Richterin Elisabeth Reich sprach von einem „massiven Vertrauensverlust“ und betonte: „Es geht auch darum, andere von solchen Taten abzuhalten. Ich denke für Sie, dass es mit einer Fußfessel klappen sollte.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Nach den Worten der Richterin herrschte Fassungslosigkeit bei den zuhörenden Polizisten. Fast alle blieben noch sitzen, kopfschüttelnd.

Richterin Elisabeth Reich (Bild: Tschepp Markus)
Richterin Elisabeth Reich
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Sie haben außerhalb der Rechtsordnung agiert. Wir haben Leute frei sprechen müssen, die mit zehn Kilo Heroin hier bei uns waren. Die Staatsanwälte aber auch die Richter verlassen sich auf ihre Berichte. Das Ganze ist ein massiver Vertrauensverlust. Und es ist schwerwiegend, wenn man sich nicht auf die Polizei verlassen kann.

Richterin Elisabeth Reich bei der Urteilsbegründung

Dabei hatte sich der nach wie vor als Polizist tätige Angeklagte zu Beginn des Prozesses vor einem Monat durchaus schuldbewusst gezeigt: „Ich war euphorisch, habe nur gearbeitet und die Sicht verloren. Ich übernehme die Verantwortung.“

Ein „zufälliger Drogenfund“ in einem Krautkopf bei einer Verkehrskontrolle im Jahre 2013 war gar nicht so zufällig (Bild: LPD Salzburg)
Ein „zufälliger Drogenfund“ in einem Krautkopf bei einer Verkehrskontrolle im Jahre 2013 war gar nicht so zufällig

Doch die Richterin äußerte Zweifel, ob der Beamte wusste, was er da tat. Staatsanwalt Leopold Bien sprach von „missbrauchtem Vertrauen“. In 17 Drogen-Fällen zwischen 2011 und 2016, wo verdeckte Ermittler und Vertrauenspersonen der Polizei eingesetzt wurden, habe er die Regeln der Polizeiarbeit missachtet: Zufällige Verkehrskontrollen waren beispielsweise geplante Festnahmen und als unbekannte Täter geführte Personen eigentlich von der Exekutive eingesetzte Informanten. All dies, um die als Informanten eingesetzten Verbrecher zu schützen. Die Kehrseite: Es kam zu mehreren Freisprüchen wegen unerlaubter Tatprovokation.

Absprachen als heikler Verhandlungspunkt

Der Polizist selbst räumte dabei ein, Bestimmungen der Polizeiarbeit - beispielsweise die Berichtspflicht - nicht gekannt zu haben. Aber er sagte auch: „Jeder hat gewusst, wie ich gearbeitet habe.“ Absprachen soll es mit den Staatsanwälten gegeben haben, war auch von Verteidiger Bernhard Kettl zu hören. Der wohl heikelste Verhandlungspunkt. Sogar eine Führungsperson der Kripo stellte dies in den Raum. Doch solche Absprachen bestritten Staatsanwälte, die als Zeugen unter Wahrheitspflicht aussagten: „Das kann ich mir nicht vorstellen“, hieß es am Donnerstag von einer Ex-Anklägerin. Doch für die Kollegen des angeklagten Polizisten sei dies „gängige Praxis“ gewesen. Ein Polizist meinte als Zeuge: „Der Kollege hat alles offen und mit der Staatsanwaltschaft besprochen.“ Ein anderer verneinte mögliche falsche Berichte des Kollegen: „Er hat vorbildhaft gearbeitet, daher ist er ja zum österreichweit besten Kriminalbeamten belobigt worden.“ Und andere reagierten teils trotzig: „Ich sehe jetzt ein Problem, dass man mit Informanten gar nicht mehr zusammenarbeiten darf.“

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