Wallner vor Aus?

Götterdämmerung im „subara“ Ländle

Vorarlberg
23.04.2022 06:00

Der Skandal rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund ist für Markus Wallner ein Kampf ums politische Überleben geworden.

Wie sich die Zeiten ändern können: Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner stand in der ersten Reihe, als es darum ging, mit dem System von Sebastian Kurz und der türkisen Familie abzurechnen. Der moralische Zeigefinger aus dem „subara“, also sauberen Ländle sollte auch signalisieren: Ich stehe für den rechtschaffenen Teil der Volkspartei, ich stehe für die gute alte, schwarze ÖVP. Einige Monate später ist er es, der sich im Kreuzfeuer der Kritik sieht. In die Bredouille gebracht hat ihn ein Bericht des Finanzamtes, welcher Teil jenes Aktenbergs ist, der aktuell im Zuge des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses abgearbeitet wird und dessen Inhalt via ORF und „Standard“ in die Öffentlichkeit sickerte.

Schauderhaftes aus dem Wirtschaftsbund
Konkret wurde das Finanzgebaren des Vorarlberger Wirtschaftsbundes (WB) geprüft, das Ergebnis lässt erschauern: Es wird das Bild von einer Organisation gezeichnet, die mehr ein Selbstbedienungsladen für ÖVP-Funktionäre und Partei-Bankomat denn eine Interessensvertretung war. Gefüttert wurde dieser Bankomat nicht zuletzt vom WB-Hausblatt „Vorarlberger Wirtschaft“, einer Publikation, die vor Inseraten fast platzte. Dem Finanzamt zufolge sollen allein zwischen 2016 und 2021 4,5 Millionen Euro über Anzeigen eingenommen worden sein - viele davon wurden von landeseigenen Unternehmen geschaltet.

Einige Baustellen, wie etwa die strafrechtlichen Ermittlungen - sind in der Causa Wirtschaftsbund noch offen. (Bild: Mathis Fotografie)
Einige Baustellen, wie etwa die strafrechtlichen Ermittlungen - sind in der Causa Wirtschaftsbund noch offen.

Üppige Provisionen, geringe Steuermoral
Zuletzt beliefen sich die Rücklagen des Wirtschaftsbundes auf rund fünf Millionen Euro. Von diesem Finanzpolster profitierten viele, darunter die Landes-ÖVP, vor allem aber die schwarzen Funktionäre; selbst Landesräte sind mit Barzahlungen bedacht worden.

Den besten Schnitt haben die Wirtschaftsbund-Direktoren Walter Natter und – zuvorderst – sein mittlerweile zurückgetretener Nachfolger Jürgen Kessler gemacht: Für jedes Inserat kassierten sie 15 Prozent Provision, dazu summierten sich weitere Zuckerln. Nur der Staat bekam seinen Anteil nicht ab: Die Prüfer des Finanzamts haben eine Steuernachzahlung von satten 1,3 Millionen Euro errechnet.

Und Wallner? Was wusste der Landeshauptmann? Lange schwieg er sich aus, schließlich das Eingeständnis, dass man „vielleicht zu lange weggeschaut“ habe. Am Freitag dann der Paukenschlag: Über die „Vorarlberger Nachrichten“ gab ein anonymer Wirtschaftstreibender zu Protokoll, dass Wallner bei einem Betriebsbesuch höchstpersönlich für eine Inseratenschaltung in der „Vorarlberger Wirtschaft“ geworben und dafür politisches Entgegenkommen versprochen hätte. Wallner spricht von einer „glatten Lüge“, er sei ja kein „Inseratenkeiler“: „Ich behalte mir vor, dagegen rechtliche Schritte einzuleiten.“

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (Bild: APA/EXPA/Johann Groder)
Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner

Für die Opposition ist das Maß voll – sie fordert geschlossen seinen Rücktritt. Der grüne Koalitionspartner hält Wallner noch die Stange. Aber das kann sich schnell ändern.

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