Wer nicht selbst zahlt, wartet lange auf Termine oder sitzt in überfüllten Ordinationen. Die Zahl der Kassenärzte ist in Wien stark gesunken, dafür gibt es immer mehr Privatpraxen. Das liegt vor allem an der Finanzierung. Die Fakten.
Gemessen an der Bevölkerung, hat Wien heute um 20 Prozent weniger Kassenärzte als 2010. In einigen Fächern ist die Schieflage besonders krass. So gibt es in der Donaustadt - mit 200.000 Einwohnern so groß wie Linz - nur noch einen Lungenspezialisten mit Kassenvertrag (Stand Ende 2021).
Bei Kinderärzten ist die Lage noch dramatischer. Gleich in mehreren Bezirken ordiniert lediglich ein Mediziner. Darunter in der Josefstadt, am Alsergrund, Penzing oder in der Brigittenau. Folge: knallvolle Wartezimmer, kaum Termine. Eltern, die es sich leisten können, weichen lieber gleich auf Privatpraxen aus. Von diesen gibt es mehr (siehe Grafik), und sie werden von Jahr zu Jahr zahlreicher.
Fürs Reden bezahlt die Kasse den Arzt nicht
Der Grund liegt im System, vor allem in der Finanzierung. Die Tarife für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen etwa wurden seit fast einem Vierteljahrhundert nicht angehoben. Zudem wollen viele Patienten über ihre Wehwehchen und Diagnosen sprechen. Doch fürs Reden bezahlt die Kasse den Arzt nicht. Mit einer Wahlordination ist das anders. Der Betreiber setzt die Preise fest. Der Kunde löhnt und erhält in der Regel einen Teil von der Krankenkasse erstattet (er zahlt ja auch Beiträge).
Das Gesundheitssystem ist so unterfinanziert wie das Militär. Wir müssen investierten. Wo ist die Patientenmilliarde?
Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer
Die freien Ärzte würden bereits einen guten Teil der Versorgungssicherheit abdecken, erklärt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer. Doch Wien bräuchte 300 Kassenstellen zusätzlich. Es geht um viel Geld. „Das Gesundheitssystem ist so unterfinanziert wie das Militär. Wo ist die Patientenmilliarde?“, so Steinhart. Die Gesundheitskasse scheint ebenfalls umzudenken. Verbesserungen bei Honorierung und Praxisgründung stehen im Raum. Aber auch, dass Patienten weniger für Wahlarztrechnungen zurückerhalten. Viel Stoff für Verhandlungen.
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