16 Jahre im Weltcup, zwei WM-Medaillen, vier Einzelsiege: Biathlet Julian Eberhard (35) spricht im „Krone“-Interview über seinen Rücktritt. Wer ihn prägte, wofür er sich Zeit nimmt, was er jungen Talenten rät.
Julian, du bist seit einigen Tagen Ex-Profisportler. Wie gehst du mit dieser Situation um?
Der Tag, an dem ich es bekanntgegeben habe, war echt emotional, das hätte ich nicht gedacht. Da habe ich alles Revue passieren lassen und Bilder und Berichte gesehen, die vieles noch einmal aufkommen lassen haben. Das hat mich gepackt und gefesselt. Langsam arbeite ich das alles auf und merke, dass ich wieder neue Sachen im Kopf habe. Ich fühle mich lebendig und frei.
Gibt es einen Karrieremoment, der raussticht?
Mein erster Weltcupsieg in Khanty-Mansiysk 2016, die Heim-WM 2017 in Hochfilzen als Ganzes, dazu meine Einzelmedaille bei der WM 2019 in Östersund.
Was war dein schwierigster Moment?
Das letzte große Ziel, Olympia 2022, abzusagen, weil die Gesundheit wichtiger ist – das war keine einfache Entscheidung. An solchen Momenten wächst man allerdings extrem.
Du hast als Kind mit dem Sport begonnen und dir hohe Ziele gesetzt. Wäre dein Junges Ich stolz auf das, was du in den letzten 20, 25 Jahren erreicht hast?
Ich denke schon. Mein Jungs ich hätte gesehen, dass seine Vorstellungen, mehrfacher Olympiamedaillengewinner, Gesamtweltcupsieger und Dominator der Szene hoch gegriffen waren und es schon eine Herausforderung war, so weit zu kommen. Ich habe mich aber als Persönlichkeit entwickelt. Wenn man alles mit einbezieht, dann gibt es ein rundes Paket, mit dem ich sehr zufrieden sein kann. Mein kindliches Ich mit seinen naiven Vorstellungen könnte ich damit sicher befriedigen.
Wie siehst du die Entwicklung, die der Biathlonsport seit deinem Weltcupdebüt 2006 hingelegt hat?
Die IBU (Biathlonweltverband, Anm.) hat einen Riesenjob gemacht mit Rennformaten, die fesselnd sind. Das ist das Um und Auf. Wir müssen Zuschauerzahlen generieren und den Sport aufarbeiten, damit er interessant ist. Es wurden viele richtige Schritte gesetzt. Es gab national wie international auch die richtigen Sportler, die für Aufmerksamkeit gesorgt haben. Der internationale Verband steht für die Zukunft sehr gut da. Auch sportlich hat sich alles entwickelt. Das Laufniveau hat sich stark gehoben, die Wettkampfstätten haben sich brutal entwickelt, das wird auch in Zukunft so weitergehen. Ruhpolding, Hochfilzen - das sind schon tolle Stadien, die im Vereinsleben genutzt werden, aber auch für Weltcups und WMs. Der Biathlonsport zieht, da macht es Freude zuzuschauen.
Wer hat dich als Sportler besonders geprägt?
Von meiner Familie habe ich das Rüstzeug bekommen. Ich bin von der Schanze in Uttenhofen gesprungen, wir haben Langlauf, Biathlon, Fußball, Tennis, auch Triathlon gemacht. Dazu Fred (Alfred Eder, Anm.), der mein Mentor war. Er hat mich gefördert und es generell verstanden, viele Kinder mitzureißen. Wir waren 25, 30 Leute, die meisten sind im Sport geblieben. Das 20, 30 Jahre später weiterführen zu können, wäre mir ein Anliegen.
Inwieweit hast du nach zwei WM-Medaillen, vier Einzelweltcupsiegen und vielen Jahren als Teil der Weltspitze finanziell ausgesorgt?
(lacht) Nur von dem zu leben, was man hat, reicht heutzutage nicht mehr. Man muss immer weiterarbeiten und neue Ziele haben. Ich hatte super Partner, die mein sportliches und persönliches Auftreten wertgeschätzt haben. Insofern hat sich die Sportzeit ausgezahlt und mir eine Grundlage geschaffen, sodass ich jetzt Freiheiten habe. Es ist gut gelaufen, aber von ausgesorgt können wir nicht reden.
Was passiert mit deiner Waffe?
Eine Waffe gehört zum Biathleten, daher werde ich sie weiter behalten. Vielleicht brauche ich sie ja wieder mal, gerade, wenn man was weitergeben möchte. Ich werde sie weiter pflegen - wenn auch nicht mehr täglich.
Wie sehen deine beruflichen Zukunftspläne aus?
Die Polizei ist seit 2007 eine große Unterstützung für mich. Dort habe ich eine super Ausbildung genossen. Es gibt Gespräche, wie wir weiterarbeiten können. Dazu werde ich versuchen mein Wirtschaftsstudium abzuschließen.
Wofür willst du dir jetzt besonders viel Zeit nehmen?
Für meine Familie, die extrem unterstützend war. Wie vor allem (Partnerin) Sandra mir den Rücken freigehalten hat, war der Wahnsinn. Ich will als Familienvater wachsen und auch Freundschaften pflegen.
Was willst du jungen Talenten mitgeben, die am Anfang ihrer Karrieren stehen?
Der Körper ist ihr Kapital. Was man als Junger verabsäumt, spürt man hinten raus. Du musst wissen, was dein Ziel ist und wie du hinkommst. Den Weg musst du beharrlich gehen. Und dann ist es wichtig, dem Herzen zu folgen. Dann hältst du die Motivation aufrecht – das ist das Um und Auf!
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