Treffen mit Selenskyj

Raketen auf Kiew während Besuch von UNO-Chef

Ausland
28.04.2022 20:46

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat am Donnerstagabend den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew getroffen und mit ihm über eine Lösung für die schwer zerstörte Stadt Mariupol gesprochen. So wolle man die Bildung eines Fluchtkorridors ermöglichen. Im Stahlwerk von Mariupol sind ukrainische Truppen und Zivilisten von der russischen Armee eingekesselt, die Lage ist dramatisch. Auch in Kiew schlugen während des Besuchs des UN-Chefs erstmals seit rund zwei Wochen wieder Raketen ein. Zuvor hatte Guterres Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau besucht - die Gespräche waren allerdings wenig erfolgreich gewesen ...

„Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich Ihnen nur sagen, dass wir alles uns Mögliche unternehmen, damit das (der Fluchtkorridor für das Stahlwerk in Mariupol, Anm.) geschieht“, sagte Guterres am Donnerstagabend in einem gemeinsamen Statement mit Selenskyj. In dem Stahlwerk haben sich ukrainische Truppen verschanzt, auch Zivilisten sind in dem riesigen Gelände in der Hafenstadt.

„Vertraue auf erfolgreiche Lösung“
„Ich vertraue und glaube - ebenso wie viele Angehörige der Menschen, die in Asow-Stahl gefangen sind -, dass der Generalsekretär und wir eine erfolgreiche Lösung ermöglichen können“, betonte Selenskyj. Zuletzt war der Druck auf den UNO-Generalsekretär gewachsen, eine aktivere Rolle in dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine einzunehmen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres traf nach seinen Besuchen in Butscha und Borodjanka den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. (Bild: AP)
UN-Generalsekretär Antonio Guterres traf nach seinen Besuchen in Butscha und Borodjanka den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Guterres hatte zuvor bei einem Besuch in der ukrainischen Stadt Butscha die Untersuchungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu den dortigen Kriegsgräueln unterstützt. Es sei wichtig, den Horror „sorgfältig aufzuklären“ und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Guterres am Donnerstag in der Vorortgemeinde von Kiew. Er appellierte an Russland, mit dem Gericht zusammenzuarbeiten. Die Bilder getöteter ukrainischer Zivilisten aus Butscha hatten Anfang des Monats rund um die Welt für Entsetzen gesorgt.

Raketen auf Kiew
Russland verstärkte unterdessen seine Attacken auf die Ukraine am Donnerstagabend wieder. So bestätigte der ukrainische Verteidigungsminister DmytrKuleba, dass während des Besuchs von Guterres auch Raketen nahe Kiew einschlugen. Das Ziel dürfte eine Waffenfabrik gewesen sein. Bürgermeister Vitali Klitschko sprach am Donnerstagabend im Online-Dienst Telegram von zwei russischen Angriffen im Stadtzentrum. AFP-Reporter vor Ort hörten eine Detonation und sahen einen Brand in einem Gebäude und zahlreiche zerstörte Fensterscheiben. „Am Abend feuerte der Feind auf Kiew. Zwei Angriffe im Bezirk Schewschenkowsky“, erklärte Klitschko. Angaben zu möglichen Opfern lägen noch nicht vor.

„Raketeneinschläge im Zentrum von Kiew während des offiziellen Besuchs von Antonio Guterres“, schrieb der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak, auf Twitter. „Gestern saß er noch an einem langen Tisch im Kreml und heute Explosionen über seinem Kopf.“

Mehr als zwei Monate nach Kriegsbeginn verstärkt Russland nach ukrainischen Angaben seine Angriffe auf den Osten und Süden des Landes. Das russische Militär beschleunige seine Offensiveinsätze, teilte das ukrainische Militärkommando zur Lage an der Hauptfront im Osten am Donnerstag mit. Es gebe aus fast allen Richtungen intensiven Beschuss.

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben erneut schwere Luftangriffe gegen die Ukraine geführt. „Die taktische Luftwaffe der russischen Streitkräfte hat 76 Militärobjekte beschossen“, teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstag mit. Dabei seien zwei Munitionsdepots und eine Reihe von Truppenansammlungen und Militärkonvois getroffen worden. Die gegnerischen Verluste bezifferte Konaschenkow dabei auf mehr als 320 Soldaten.

Die südukrainischen Städte Odessa und Mykolajiw sind laut Behördenangaben von russischen Truppen beschossen worden. „Mykolajiw wurde wieder von Schlägen der Mehrfachraketenwerfer des Typs Smertsch getroffen“, teilte die Militärführung des Wehrbezirks Südukraine am Donnerstag auf ihrer Facebook-Seite mit. Durch den Beschuss seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden.

Auch aus der Millionenstadt Odessa wurden am Donnerstagabend Explosionen gemeldet. Der Leiter der örtlichen Militärverwaltung, Serhiy Bratschuk, versicherte allerdings, dass die Luftabwehr die Lage unter Kontrolle habe. Über Schäden lagen keine Informationen vor. Zwei Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur Reuters gegenüber von zwei starken Explosionen in der russischen Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze. Russland hatte in den vergangenen Tagen von einer Reihe von Angriffen ukrainischer Truppen auf russischem Gebiet in Grenznähe berichtet und gewarnt, dies berge die Gefahr einer deutlichen Eskalation. Die Ukraine hat sich zwar nicht ausdrücklich zu diesen Angriffen bekannt, bezeichnete sie aber als Rache und Karma.

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