Nach dem illegalen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien im Jahr 2017 wurde der ehemalige Präsident Carles Puigdemont ins Exil gezwungen. Als Mitglied des Europäischen Parlaments setzt er sich seit 2019 als Leiter des „Rats für die Katalanische Republik“ für die Rechte Kataloniens ein. Auf Einladung des Management Center Innsbruck (MCI) referierte er am Freitag über Freiheit und Demokratie in Europa. Die „Krone“ traf ihn vorab zum Interview.
„Krone“: War das Unabhängigkeitsreferendum aus heutiger Sicht ein Fehler?
Carles Puigdemont: Nein. Es war ein Beispiel dafür, wie die Bevölkerung ihre Forderungen und Meinungen mit demokratischen Mitteln, ohne Gewalt, ausdrücken kann. Es war ein Start des Prozesses, unabhängig zu werden, der natürlich noch nicht vorbei ist.
Glauben Sie, dass Katalonien eines Tages unabhängig sein wird?
Absolut. Es gibt eine große Mehrheit, die über die Unabhängigkeitsfrage entscheiden möchte. Es ist also nur eine Frage der Zeit. Was ich nicht akzeptieren kann, ist, dass die Frage nicht mit einem demokratischen Referendum geklärt wird.
Staaten, die nach mehr Freiheit und Fortschritt streben, muss die Möglichkeit gegeben werden, ein Teil der EU zu werden.
Carles Puigdemont
Falls Katalonien eines Tages unabhängig sein wird, glauben Sie, dass das einen Domino-Effekt haben wird?
Davor haben viele Angst, was aber unbegründet ist. Wenn Katalonien eines Tages unabhängig ist, wird das zeigen, dass so ein Prozess kein Drama, sondern etwas ganz Normales ist.
Wäre Katalonien ohne Spanien wirtschaftlich überhaupt überlebensfähig?
Ja. Katalonien hat eine starke Wirtschaft mit einem großen Industriesektor und kann genügend produzieren. Wir können auch zum EU-Budget positiv beitragen, wie wir das auch schon die vergangenen zwei Jahrzehnte getan haben.
Würden Sie Katalonien gerne als Mitglied der EU sehen?
Auf jeden Fall. Wir sind proeuropäisch, wir fühlen uns als Europäer, und Europa ist unser Zuhause.
Sollte der Ukraine die Möglichkeit gegeben werden, ein Mitglied der EU zu werden?
Nicht nur der Ukraine, sondern auch Georgien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Bosnien und dem Kosovo. Staaten, die nach mehr Freiheit und Fortschritt streben, muss die Möglichkeit gegeben werden, ein Teil der EU zu werden.
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