Für „Krone“ vor Ort
„Bild“-Vize: „Ukraine ärgert sich über Nehammer“
Der Krieg in der Ukraine hat sich aus Kiew in den Osten verlagert, die Menschen hier im Donbas bei Donezk haben die große Sorge, dass sie vom Westen vergessen werden. Und verraten. Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer spielt dabei eine Rolle. „Bild“-Chefreporter Paul Ronzheimer berichtet für die „Krone“ aus der Ukraine.
In der vergangenen Woche waren wir in den Schützengräben in der Ostukraine unterwegs, wo der Krieg wütet, wo sich entscheidet, ob Russlands Präsident Putin doch noch siegen kann oder ob der brutale Angriff der russischen Truppen von der ukrainischen Armee zurückgeschlagen wird.
„Das ist kein Krieg der Maschinengewehre mehr, sondern der Artillerie“, sagte uns ein Soldat, „deshalb ist es so wichtig, dass wir schwere Waffen bekommen und wir international unterstützt werden.“
Wann hört Österreich mit dieser Putin-Nähe endlich auf?
Sergei Leschenko, Berater des ukrainischen Präsidenten
Ärger in Kiew über Nehammers Moskau-Reise
Wie sehr unterstützt Österreichs Kanzler die Ukraine? In Kiew hat man große Zweifel, was Nehammer angeht. Das hat vor allem mit seinem Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zu tun.
Zugute gehalten wird dem Kanzler, dass er als einer der Ersten nach Abzug der russischen Truppen Kiew und Butscha besucht hat. Diesen symbolträchtigen Besuch hat er sich aus Sicht Kiews aber mit dem seltsamen Trip nach Moskau wieder kaputtgemacht. Tatsächlich wird ihm von Teilen der ukrainischen Regierung sogar vorgeworfen, die Reise in die Ukraine nur unternommen zu haben, um anschließend auch nach Moskau fahren zu können.
„Es hat sich gezeigt, dass eine planlose und schlecht organisierte Reise nach Moskau, so wie der österreichische Kanzler sie unternommen hat, genau zum gegenteiligen Ergebnis dessen führen kann, was man erreichen will“, sagte ein ukrainischer Regierungsberater, „Wladimir Putin nutzt jede Chance, um den Westen zu spalten und danach die Ergebnisse für seine Propaganda zu nutzen.“
Ärger über Österreichs Haltung zu EU-Beitritt
Für große Verwunderung und Bestürzung sorgte in Kiew außerdem jüngst die österreichische Reaktion auf die angestrebte EU-Mitgliedschaft. „Strategisch kurzsichtig und gegen die Interessen des vereinten Europas“, hieß es aus dem Außenministerium.
Sergei Leschenko, Berater des ukrainischen Präsidenten, sagte: „Diese Aussagen hinsichtlich der EU-Perspektive der österreichischen Regierung sind enttäuschend, insbesondere nach dem Besuch der Delegation in Kiew und Butscha. Russland kann diese Aussagen für die Propaganda nutzen. Wann hört Österreich mit dieser Putin-Nähe endlich auf?“
Putin verstärkt Offensive im Osten
Im Osten der Ukraine verstärkt Putin in diesen Tagen seine Offensive. Neue Soldaten werden an die Front geschickt, Experten gehen davon aus, dass er bis zum 9. Mai - dem Jahrestag der Kapitulation Nazi-Deutschlands - einen Sieg will, wie auch immer der aussieht.
Ärger über Ego-Trips von Österreichs Bundeskanzler
Die ukrainischen Soldaten an der Front verteidigen ihr Land, ganz egal, wie schnell schwere Waffen kommen. „Wir werden uns niemals ergeben“, sagt ein Soldat im Schützengraben bei Donezk, „wenn das jemand glaubt, kann ich nur sagen: Das wird nicht passieren.“
Das ist die zweite Sorge, die es in diesen Tagen in Kiew gibt: Dass Verhandlungen immer schwieriger werden, weil Putin so viel Grauen angerichtet hat, dass Zugeständnisse der ukrainischen Bevölkerung, was zum Beispiel den Osten angeht, kaum realistisch erscheinen.
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Eines jedenfalls scheint klar: Österreichs Kanzler Karl Nehammer hat die Chance verpasst, glaubwürdig auf der Seite der Ukraine zu stehen. Man wirft ihm außerdem vor, den Krieg in Kiew und Moskau als „Ego-Bühne“ benutzt zu haben, um sich ins Gespräch zu bringen. „Immerhin durfte er mal im US-Fernsehen auftreten“, ätzte ein österreichischer Diplomat.
„Bild“-Chefreporter Paul Ronzheimer
berichtet für die „Krone“ aus der Ukraine
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