Unglaubliche Summe

US-Kriege: 20 Mrd. Dollar für Wüsten-Klimaanlagen

Ausland
27.06.2011 11:15
Mit der Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, bis zum Jahr 2012 rund ein Drittel der 99.000 US-Soldaten in Afghanistan abzuziehen, begannen die Militärstrategen nachzurechnen: Werden dadurch die von Obama beklagten "hohen Kosten des Krieges" wirklich geringer? Ein pensionierter Brigadier wartet mit einem besonderen Vorschlag zum Geldsparen auf: Wärmedämmung. Denn für Klimaanlagen in der Wüste hätten die USA seit 2001 rund 20 Milliarden (!) Dollar ausgegeben.

Brigadier Steven Anderson diente viele Jahre unter General David Petraeus als Logistikchef der US-Streitkräfte im Irak. Die von ihm genannte Zahl 20 Milliarden Dollar ließ am Wochenende quer durch die US-Kommentatorenlandschaft die Wogen hochgehen. Schließlich ist das mehr als das Budget der NASA, berichtet NPR, ein Zusammenschluss nichtkommerzieller US-Radiosender.

Krieg hat Pause, wenn die Klima ausgeht
Anderson bezieht in seine Kostenschätzung sämtliche Faktoren vom Treibstofftransport bis zu den dafür notwendigen Sicherheitsvorkehrungen mit ein. Die Klimaanlagen, die in den US-Camps Zelte und Baracken kühl halten, werden ausschließlich mit Diesel- bzw. Benzingeneratoren betrieben. 

Für ein Klimagerät in der Wüste Afghanistans muss der Treibstoff mit dem Lkw über eine Strecke von fast 1.500 Kilometern aus dem pakistanischen Karachi transportiert werden. Die Fahrt dauert 18 Tage, es sind immense Sicherheitsvorkehrungen nötig, da Treibstofftransporte Ziel Nummer eins für Aufständische sind. Mehr als 1.000 Soldaten seien bei solchen Transporten ums Leben gekommen. 

Anderson zufolge würde ohne Klimaanlagen weit weniger Treibstoff für die Generatoren gebraucht, was die Zahl der Transporte signifikant verringern würde. Und nicht nur das: Er habe vor seiner Pensionierung von einem Kommandanten eines Außenposten in Afghanistan gehört, der alle zwei Wochen für zwei Tage sämtliche Kampfhandlungen einstellen müsse, um Treibstoff zu holen. "Und wenn er weg ist, weiß sein Feind, dass er weg ist und rückt wieder vor. Wenn sie dann mit dem Benzin zurückkommen, beginnt ihre ganze Anti-Terror-Operation von vorne", schildert der Brigadier.

Energieeffizienz im Krieg?
Doch es würden wohl ganz andere Probleme auftauchen, wenn in den Camps und Kasernen auf einmal die Klimaanlagen weg wären. Anderson schlägt daher einen Mittelweg vor: In seiner Zeit als Logistik-Offizier ließ er 2006 in seinem Lager die klimatisierten Zelte - hier wird die kühle Luft buchstäblich rund um die Uhr in die Wüste hinausgeblasen - mit Polyurethanschaumstoff besprühen. Die Energieeffizienz erhöhte sich dramatisch, der Treibstoffverbrauch für diese Zelte sank um 92 Prozent - weil die Kälte plötzlich drin blieb. 

Energieeffizienz sei bei den meisten Kommandanten im Krieg allerdings ein Fremdwort, klagt Anderson. Mit seinen Überzeugungs-Versuchen kam er vor seiner Pensionierung nicht durch. Jetzt, da sogar der Präsident erklärt, der Krieg sei zu teuer, wittert er eine Chance: "Ein Memo des Verteidigungsministers, in dem er festlegt, dass wir nur mehr energieeffiziente Camps bauen, würde reichen."

"Ökonomische Antwort auf eine nicht-ökonomische Frage"
Derweil versuchen in Washington Kongressabgeordnete und Militärstrategen weiterhin auf einen Einsparbetrag für Obamas Truppenreduzierung zu kommen. Für 30 Milliarden Dollar waren die Soldaten 2009 nach Afghanistan geschickt worden. Dass sich die Kosten für den Krieg um denselben Betrag verringern, wird allerdings bezweifelt. Um das Geld wurde großteils Infrastruktur aufgebaut (und dann teuer gekühlt), die nach dem Abzug der Truppen kostenlos oder für wenig Geld an die Afghanen übergeben wird. Für die kommenden Jahre erhöhen sich die laufenden Kosten sogar.

Lawrence Kaplan, ein Professor des U.S. Army War College, will die Diskussion überhaupt nicht führen: "Krieg und Frieden sind zwei Welten und die wirtschaftliche Realität eine dritte. Man sucht hier ökonomische Antworten auf eine nicht-ökonomische Frage." Und darum wird wohl nicht so bald ein Lkw voll Polyurethanschaum den nächsten Treibstofftransport in die Wüste begleiten...

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