Im Zusammenhang mit dem Terror-Anschlag in der Wiener Innenstadt vom 2. November 2020 wird am Mittwoch am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) eine weitere Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich verhandelt. Geklagt haben die Angehörigen - die Eltern und der Bruder - eines vom Attentäter getöteten 21-Jährigen. Sie stehen auf dem Standpunkt, dass der Anschlag verhindert hätte werden können, hätte es im Vorfeld nicht behördliche Versäumnisse gegeben.
Für den Rechtsvertreter der betroffenen Korneuburger Familie, den Wiener Rechtsanwalt Mathias Burger, besteht kein Zweifel, dass Fehler passiert sind, für die der Bund haftet, weil Organe in Vollziehung der Gesetze rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten gesetzt haben.
Burger stützt sich dabei auf die Ergebnisse der sogenannten Zerbes-Kommission, die im Auftrag von Innen- und Justizministerium allfällige Versäumnisse im Zusammenhang mit dem behördlichen Umgang mit dem späteren Attentäter untersucht hatte.
Warnsignale missachtet?
Der 20-jährige Anhänger der radikalislamistischen IS-Terror-Miliz war nach einer Verurteilung wegen terroristischer Vereinigung vorzeitig bedingt entlassen worden und in weiterer Folge nicht in den Fokus der Verfassungsschützer geraten, obwohl Warnsignale gegeben waren. So nahm der 20-Jährige etwas mehr als drei Monate vor dem Attentat an einem Treffen radikaler Islamisten in Wien teil und versuchte in der Slowakei Munition für ein automatisches Sturmgewehr zu kaufen.
In ihrem Abschlussbericht zeigte die Zerbes-Kommission darüber hinaus weitere behördeninterne Pannen auf, etwa beim Risikobewertungsprogramm für Gefährder, bei der Datenverarbeitung sowie dem Informationsfluss zwischen dem damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) und dem Wiener LVT.
Begräbniskosten nicht abgedeckt
Die Bereitschaft des Bundes, den Angehörigen des 21-Jährigen das erlittene Leid zumindest in finanzieller Hinsicht zu lindern, blieb überschaubar. Wie ihr Anwalt erklärte, bekamen die Eltern und der Bruder zunächst je 2000 Euro aus dem Verbrechensopfergesetz und 4500 Euro für die Begräbniskosten zugestanden, die damit aber nicht abgedeckt waren.
An Trauerschmerzengeld wurden erst nach Einbringung der Klage 10.000 Euro pro Person angeboten - „allerdings vorbehaltlich des Ergebnisses einer Prüfung, ob die Ansprüche zu Recht bestehen“, wie Burger sagte. Das angebotene Schmerzengeld sei damit in Wahrheit nicht „anrührbar“, weil befürchtet werden müsse, dass es zurückgefordert wird.
Anwalt: Trauerschmerzensgeld von 30.000 Euro pro Person angemessen
Burger hält ein Trauerschmerzengeld von 30.000 Euro pro Person für angemessen. Darüber hinaus verlangt er von der Republik die Abgeltung der gesamten Begräbniskosten. Die Klage beinhaltetet auch das Feststellungsbegehren, dass die Republik für zukünftige Folgeschäden haftet. Speziell die Eltern hat es psychisch massiv beeinträchtigt, dass ihr 21-jähriger Sohn mit einem Schlag mitten aus dem Leben gerissen wurde.
Es ist nicht die erste Amtshaftungsklage, die nach dem Terror-Anschlag, der vier Passanten das Leben gekostet hat, am Wiener ZRS eingebracht wurde. Vor fast genau einem Jahr - am 17. Mai 2021 - wurde bereits eine Verhandlung eröffnet, die die Mutter einer deutschen Studentin angestrengt hatte.
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