Nun wurde erstmals vonseiten eines Regierungsmitglieds offen ausgesprochen, was Experten und die Oppositionsparteien lange schon befürchtet hatten. „Gesundheitsminister Johannes Rauch hat bestätigt, dass es unter Türkis-Grün zu keinem Verbot von Vollspaltenböden kommen wird“, so der SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck. Und auch sonst war es enttäuschend, was bei der Sitzung der Tierschutzkommission am Dienstag diskutiert wurde.
Erst der Ärger um die halbseidene Kennzeichnungspflicht, jetzt kommen die nächsten Hammer auf uns zu: Wertvolle Chancen im Tierschutz werden wieder einmal verpasst. Das finale Verbot der permanenten (!) Anbindehaltung für Rinder soll erst 2030 kommen. Begründung: Die Bauern bräuchten Zeit, sich umzustellen, und sollen so lange noch arbeiten können. Förderungen für notwendige Umbauten würden eben Zeit brauchen, bis sie ausgezahlt werden.
Schlupfloch wird schamlos ausgenutzt
„Jetzt frage ich mich aber schon, warum es hier überhaupt Landwirte gibt, die noch umstellen? Permanente Anbindehaltung von Rindern ist seit 2005 verboten! Es sollte eigentlich mittlerweile nur noch wenige Ausnahmen für jene Betriebe geben, wo kein Umbau erfolgen kann - sei es aufgrund der räumlichen Gegebenheiten oder weil der Tierbesitzer schon zu alt ist. Auf wen warten wir hier also angeblich?“, ärgert sich „Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner.
Vollspaltenboden bleibt erlaubt
Auch für die Schweine sieht es düster aus: Das angebliche „Aus für den Vollspaltenboden“ entpuppt sich als Etikettenschwindel! So soll lediglich bei Neu- und Umbauten ein niedrigerer Perforationsanteil vorgeschrieben sein, das Platzangebot minimal vergrößert werden. Weitere Maßnahmen im Sinne des Tierwohls sollen frühestens ab 2040 gelten.
„Extrem schwacher Kompromiss“
„Das heißt also, dass die Haltung auf Vollspaltenböden de facto für die nächsten 18 Jahre auch bei Neu- und Umbauten einzementiert wird“, zeigt sich Eva Persy von der Tierschutzombudsstelle Wien entsetzt. Und „Vier Pfoten“-Direktorin Eva Rosenberg ergänzt: „Das ist ein extrem schwacher Kompromiss, der da herausgekommen ist - leider wieder mal auf dem Rücken der Tiere.“
Ministerin Köstinger sieht sich als nicht zuständig
SPÖ-Tierschutzsprecher Keck ist angesichts dieser „Ergebnisse“ empört: „Man weiß bei dieser Bundesregierung zwar nicht, was sie noch zustande bringt, aber seit heute ist traurige Gewissheit, was sie nicht tun wird. Türkis-Grün verhindern ein Verbot der Vollspaltenböden und nehmen Tierleid am Altar des Koalitionsfriedens in Kauf.“ Darauf angesprochen habe Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) darauf verwiesen, dass für Tierwohl der Gesundheitsminister zuständig sei und nicht sie.
Ich bin überzeugt: Hier geht noch mehr im Sinne des Tierschutzes!
Gesundheitsminister Johannes Rauch
„Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner sprach noch am Dienstagabend mit Minister Rauch (Grüne). Er bestätigte einmal mehr, dass man in einer Koalition mit der ÖVP Kompromisse finden müsse, und es in puncto Tierwohl in der Landwirtschaft an den Türkisen scheitere. Immerhin habe man Fristen bis 2030 setzen können, so Rauch: „Hier ist ein erster, wichtiger Schritt gelungen. Fix ist, dass wir an dem Thema dranbleiben.“ Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Die AMA soll mit ihrem Gütesiegel im Jahr 2024 von der permanenten Anbindehaltung Abstand nehmen, was die betroffenen Bauern unter Zugzwang bringen würde.
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