Niemand bestreitet mehr, dass die Pflege zu den größten Herausforderungen unserer Zeit gehört. Die Pandemie hat es sichtbar gemacht. „Wir steuern auf einen Kollaps zu“, lautet der Befund der Gewerkschaft. Viele Pflegekräfte würden wegen Überforderung aus dem Beruf flüchten. Nun will der ÖGB den Druck auf die Politik erhöhen.
Nächste Woche organisiert die Gewerkschaft in Innsbruck neuerlich eine Kundgebung zum Thema Pflege. Nicht das erste Mal, dass die Berufsgruppe auf die Straße geht. Eine Berufsgruppe mit hohem Ansehen und gleichzeitig immer prekäreren Arbeitsbedingungen. 7000 Pflegekräfte werden laut Berechnungen 2030 in Tirol fehlen. Die Gewerkschaft geht von deutlich mehr aus.
Es herrscht in vielen Einrichtungen schon jetzt chronischer Personalmangel. Ob in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen.
Sonja Föger-Kalchschmied, Gewerkschafterin und Betriebsratsvorsitzende der Lebenshilfe Tirol
„Überall ist zu hören: Ich pack es nicht mehr lange.“
„Es herrscht in vielen Einrichtungen schon jetzt chronischer Personalmangel. Ob in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen. Überall ist zu hören: Ich pack es nicht mehr lange“, fasst Sonja Föger-Kalchschmied, Gewerkschafterin und Betriebsratsvorsitzende der Lebenshilfe Tirol, die Stimmung zusammen. Schon jetzt würden viele aus dem Beruf flüchten: „Nicht, weil sie die Arbeit nicht lieben, sondern weil sie nicht mehr können.“
Gewerkschaft fordert mehr Personal, Geld und Freizeit
Viele Zahlen und Vergleiche legten Vertreter von vier Teilgewerkschaften am Donnerstag in Innsbruck vor. Sie rechneten vor, dass in Österreich 16 Pflegekräfte auf 1000 Einwohner kommen, in Norwegen 36. Sie wiesen darauf hin, dass Deutschland im September die Löhne um bis zu 562 Euro im Monat erhöht und zusätzliche freie Tage einführen will. „Nur bei uns geht nichts weiter“, konstatiert Gerhard Seier, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Die versprochene Pflegereform der Bundesregierung lasse auf sich warten. Die Gewerkschaft fordert mehr Personal, mehr Geld und Freizeit in einer Branche, die - wie es Seier ausdrückt - „auf einen Kollaps zusteuert“.
Fokus auf Quereinsteiger statt auf Pflegelehre
Nichts hält Föger-Kalchschmied von der Pflegelehre. Zu fordernd sei der Beruf für ganz junge Menschen. Fögers Kollegin Verena Steinlechner Graziadei sieht viel Potenzial bei Quereinsteigern. Für die sei das heuer in Tirol eingeführte Ausbildungsstipendium aber „viel zu wenig“.
Am 12. Mai wird wieder demonstriert in Innsbruck. Von Streik will derzeit noch niemand reden. Seier: „Aber wir lassen jetzt nicht mehr locker.“
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