Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck ließ am Donnerstag mit einem durchaus unerwarteten Vorschlag aufhorchen. Als Alternative zu importiertem Erdgas könnte Österreich künftig auf eigene Erdgasförderung setzen - und zwar mittels des äußerst umstrittenen Frackingverfahrens. Mit dem Vorstoß dürfte sie aber wohl nicht nur beim grünen Koalitionspartner auf wenig Gegenliebe stoßen, auch parteiintern setzt es Kritik.
Europa sucht händeringend nach Alternativen zu Gaslieferungen aus Russland - Österreich ist hier mit einer Abhängigkeitsquote von rund 80 Prozent besonders stark betroffen. Dementsprechend wehrt man sich hierzulande noch recht vehement gegen mögliche Sanktionen im Gassektor gegen Russland.
„Wir dürfen uns nicht verschließen“
Während viele EU-Staaten versuchen über den Nahen Osten oder die USA und Kanada den Energiebedarf mittels Flüssiggas zu decken, hat die österreichische Wirtschaftsministerin einen anderen Vorschlag parat. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ argumentierte sie, dass es in Europa große Mengen an Schiefergas, aber auch an Schieferöl gebe.
„Die EU muss auf Frackinggas setzen. Es gibt Methoden, um Schiefergas umweltfreundlich zu fördern. Wir dürfen uns nicht verschließen und mit dem technologischen Stand von vor 20 Jahren argumentieren“, so Schramböck. Hingegen komme es nicht infrage, dass österreichische Steuerzahler für die mögliche Nutzung deutscher Gasspeicher zahlen. In Österreich gebe es schließlich große Speicher, die nur gefüllt werden müssten.
Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung geht gar nichts
Ihr Vorstoß findet aber selbst in ihrer eigenen Partei nur wenig Anklang. Wie Bergbauministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dem „Kurier“ erklärte, sei vor dem Einsatz des nicht ungefährlichen Verfahrens in jedem Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Man sei sich bei „Frac-Behandlungen“ zudem der abstrakten Gefährlichkeit bewusst und nehme demgegenüber daher eine kritische Haltung ein, so das Ministerium.
Beim Fracking wird über Erdbohrungen mit hohem hydraulischen Druck ein Wasser-Sand-Chemikalien-Gemisch in den Boden gepresst, um Gestein aufzubrechen. Dadurch können darin befindliche Gase oder Flüssigkeiten gewonnen werden. Die Technik wird schon seit Jahren intensiv diskutiert und aufgrund von möglicherweise schweren Beeinträchtigungen der Umwelt wieder begraben (siehe Video unten).
Umgehende Kritik kam zudem von der FPÖ: Umweltschädliches Fracking habe in Österreich „keinen Platz“, erklärte Umweltsprecher Walter Rauch in einer Aussendung. Er sieht in der Frage auch den grünen Koalitionspartner gefordert: „Umweltministerin Leonore Gewessler dürfte angesichts ihres ,radikalen Umwelttrips‘ wohl wenig von dieser Methode halten“, so Rauch.
Klimaforscher: „Unkontrollierbare Methan-Lecks“
Ebenfalls skeptisch zeigte sich gegenüber dem „Kurier„ der Klimaforscher Reinhard Steurer. Das mittels Fracking gewonnene Gas sei schließlich aufgrund von unkontrollierbaren Methan-Lecks so „schmutzig, man könnte anstelle dessen auch Kohle verbrennen", so der Wissenschaftler. Er vermisst zudem von der Regierung einen Plan, wie man den Gasverbrauch rasch senken könnte.
Damit trifft er einen Punkt, der so ähnlich auch im Energieministerium gesehen wird. Bis 2027 wolle man gänzlich ohne russisches Gas auskommen, so das erklärte Ziel. Neben dem effizienteren Umgang mit Gas müsse man zudem mehr Biogas im Land produzieren und neue Lieferländer für Erdgas finden, so das Ministerium.
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