Schaulustige erwartet

Putin feiert Militärparade am 9. Mai ohne Sieg

Ausland
06.05.2022 10:28

Auf dem Roten Platz in Moskau ist alles bereit für die große Militärparade zum 77. Jahrestag des Siegs der Sowjetunion über Nazi-Deutschland. Doch wenn zum 9. Mai am Montag im Herzen Moskaus 11.000 Soldaten aufmarschieren, Panzer übers Kopfsteinpflaster donnern und Raketen vorgezeigt werden, dürfte Kremlchef Wladimir Putin kaum in stolzer Stimmung sein. Der Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte hat einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen, dessen Ausgang ungewiss ist.

Seit Putin am 24. Februar seine Armee ins Nachbarland einmarschieren ließ, gehen Bilder der Zerstörung, der Bomben gegen zivile Infrastruktur und vieler Leichen um die Welt. Deutschland wirft Russland wie viele andere Staaten Kriegsverbrechen vor. Westliche Diplomaten oder Staatsgäste, die in der Vergangenheit neben Putin auf der Ehrentribüne die Befreiung Europas vom Nationalsozialismus begingen, bleiben diesmal fern. Das Blutvergießen kratzt auch am Ruf der Siegermacht von 1945.

Deutschland wirft Russland wie viele andere Staaten Kriegsverbrechen vor. (Bild: ASSOCIATED PRESS)
Deutschland wirft Russland wie viele andere Staaten Kriegsverbrechen vor.

Ganz im Zeichen des Krieges
Feiern mit Putin, während russische Kampfflieger und Kriegsschiffe Raketen auf die Ukraine abfeuern und dort töten - das ist unvorstellbar. Die stets weltweit beachtete Parade steht in diesem Jahr ganz im Zeichen des Kriegs, auch wenn den im offiziellen Moskau weiterhin niemand so nennt. Am Himmel über dem Roten Platz sollen acht russische Kampfflugzeuge den Buchstaben „Z“ formen, das Symbol für die „militärische Spezial-Operation“.

Hunderttausende Schaulustige erwartet
Auch in vielen anderen Städten wird es am Montag Militärparaden geben. Erwartet werden Hunderttausende patriotisch gestimmte Schaulustige. In Moskau werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums die in der Ukraine eingesetzten Iskander-Raketen zu sehen sein. Gezeigt werden auch Kampfpanzer wie der modernste Typ T-14, die Luftabwehrsysteme S-400, Buk-M3 und Tor-M2, Kampfroboter vom Typ Uran-9 und mit Atomsprengköpfen bestückbare Interkontinentalraketen.

„Weltuntergangsflugzeug“ bei Flugshow
Was der eigenen Bevölkerung als Beruhigung dienen soll, dass die Atommacht ihre Sicherheit schützt, soll im Westen Angst und Schrecken hervorrufen. Bei einer Flugshow sollen Kampfjets, Langstreckenbomber und die als „Weltuntergangsflugzeug“ bekannte Iljuschin Il-80 aufsteigen. Der fliegende Gefechtsstand ist für den Fall eines Atomkriegs konzipiert, sollten am Boden keine Kommandozentralen mehr funktionieren.

Warten auf Putins Worte
Putin, der nun erstmals in seiner mehr als 20-jährigen Regentschaft das Nukleararsenal in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen ließ, dürfte in seiner Rede zur Parade einmal mehr die USA und die NATO vor Angriffen auf Russland warnen. Was der 69-Jährige sagen wird, wird mit Spannung erwartet. Fast traditionell beklagt er in solchen Reden, dass der ruhmreiche Sieg der Sowjetarmee heute vielerorts in den Schmutz gezogen werde.

„Ukrainisches Blut an russischen Händen“
So lösten blutrote Schmierereien am großen Ehrenmal für die sowjetischen Befreier vom Faschismus in Berlin Entsetzen in Moskau aus. „Tod allen Russen“ und „Ukrainisches Blut an russischen Händen“, war da zu lesen. Russische Diplomaten sprachen von „ekelhaftem Vandalismus“. Alle Versuche, „in Deutschland russenfeindliche Stimmung zu säen und die russischsprachigen Bürger zu diskriminieren“, müssten unterbunden werden.

Das große Ehrenmal für die sowjetischen Befreier vom Faschismus in Berlin (Bild: The Associated Press)
Das große Ehrenmal für die sowjetischen Befreier vom Faschismus in Berlin

Molotowcocktails gegen Staatsorgane
Der Krieg in der Ukraine jedenfalls wird am 9. Mai nicht beendet sein. Befürchtungen, Putin könnte offiziell den Kriegszustand ausrufen und zur Generalmobilmachung blasen, damit sein Militär vorankommt, weist der Kreml zurück. Aber niemand traut diesen Worten noch. Zugleich weiß auch Putin, dass die Stimmung kippen könnte. Schon jetzt fliegen vereinzelt Molotowcocktails gegen Staatsorgane. Es formiert sich Widerstand von Müttern etwa in der Nordkaukasusrepublik Dagestan, wo es viele Gräber von in der Ukraine getöteten Soldaten gibt.

Niederlage um keinen Preis
Außenminister Sergej Lawrow sagte auf die Frage nach einem möglichen Ende des Ukraine-Kriegs zum 9. Mai, Russland richte sich nicht nach solchen Daten. „Das Tempo der Umsetzung der Operation in der Ukraine hängt vor allem von der Notwendigkeit ab, alle beliebigen Risiken für die Zivilbevölkerung und die russischen Soldaten so gering wie möglich zu halten.“ Eines gilt jedoch als sicher: Eine Niederlage in der Ukraine will Putin um keinen Preis zulassen.

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