Nach Nordirland-Wahl
Sorge vor erneuter Eskalation im Brexit-Streit
Nach der Wahl zum Regionalparlament in Nordirland wächst die Sorge vor einer erneuten Eskalation im Streit um den Brexit-Sonderstatus der ehemaligen Unruheprovinz. Die Auszählung der Stimmen begann am Freitagmorgen. Erste Ergebnisse deuten auf einen historischen Wahlsieg der katholisch-nationalistischen Partei Sinn Fein hin.
Erwartet wurde im Vorfeld, dass die katholisch-republikanische Partei Sinn Fein, die sich für eine Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland einsetzt, erstmals als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen wird - die erste Auszählungsrunde deutet darauf hin. Ein Wahlsieg wäre ein historisches Ereignis. Sinn Fein könnte damit erstmals das Recht erhalten, die Regierungschefin (First Minister) in der Einheitsregierung der zu Großbritannien gehörenden Region zu stellen.
Erste Ergebnisse deuten auf Sieg von Sinn Fein hin
Der BBC zufolge liegt Sinn Fein mit 29 Prozent der Stimmen derzeit weit vor der zweitstärksten Partei DUP mit 21,3 Prozent. Die Partei sei zuversichtlich, auch die meisten Sitze im Regionalparlament zu erhalten.
Video: Nordirland wählt neues Parlament
Ob es in der Folge zu einer erfolgreichen Regierungsbildung kommt, hängt aber von der Kooperation der protestantisch-unionistischen DUP ab. Dem als Karfreitagsabkommen bekannten Friedensschluss aus dem Jahr 1998 zufolge müssen die stärksten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern eine Einheitsregierung bilden.
Die DUP signalisierte aber bereits, dass sie als Voraussetzung dafür von der Regierung in London eine erneute Konfrontation mit Brüssel zum sogenannten Nordirland-Protokoll erwartet. Der britische DUP-Abgeordnete Sammy Wilson forderte von der Regierung in London, einen Gesetzgebungsprozess in die Wege zu leiten, der dann einen Bruch des Nordirland-Protokolls ermöglicht.
Widersprüchliche Botschaften aus London
Nordirland-Minister Brandon Lewis war kurz vor der Wahl Spekulationen entgegengetreten, ein entsprechendes Gesetz könne bei der traditionell von der britischen Queen Elizabeth II. verlesenen Regierungserklärung am kommenden Dienstag vorgelegt werden.
Fakten
Das Nordirland-Protokoll soll verhindern, dass es wegen des britischen EU-Austritts zu neuen Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem EU-Mitglied Republik Irland kommt. Stattdessen müssen nun Waren kontrolliert werden, wenn sie von England, Schottland oder Wales nach Nordirland gebracht werden. Die DUP fürchtet, diese innerbritische Warengrenze könnte der erste Schritt zur Loslösung der Provinz von Großbritannien sein. Zudem kommt es zu Verwerfungen in bestimmten Bereichen des Handels. Die EU verhandelt zwar über technische Details zu dem Abkommen, schließt aber eine grundsätzliche Neuverhandlung aus.
Der britische Premierminister Boris Johnson behielt sich jedoch bisher die Option ausdrücklich vor, die im sogenannten Nordirland-Protokoll festgelegten Vereinbarungen per Notfallklausel zu kippen. Doch das dürfte eine heftige Reaktion aus Brüssel hervorrufen. Noch vor einigen Monaten galt selbst ein Handelskrieg zwischen der EU und Großbritannien nicht als ausgeschlossen. Ob es dazu angesichts des Kriegs in der Ukraine kommen dürfte, scheint inzwischen fraglich.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.