Containerschiffe stecken in China und der EU fest, der Ukraine-Krieg bremst den Agrar- und Rohstoffhandel, die Frachtpreise sind historisch sehr hoch.
Rund 65 Prozent seiner Neuware stecke derzeit auf dem Transportweg aus Asien fest, meldete jüngst Nike. Der Supermarktriese Lidl will nun sogar vier eigene Containerschiffe kaufen, um ab Sommer seine Lieferungen verlässlicher planen zu können – zwei Streiflichter, die zeigen, dass es im weltweiten Handel knirscht.
„Die Lieferketten sind höchst angespannt. Neben den Häfen in China haben Rückstaus in EU-Häfen wie Hamburg und Rotterdam sogar noch größere Auswirkung auf uns. Dort ist die Tendenz eher steigend, eventuell als Nachwirkung der Blockade des Suezkanals“, analysiert Christian Helmenstein, Chefvolkswirt der Industriellenvereinigung.
Durch strikte Corona-Lockdowns stauten sich zeitweilig Hunderte Schiffe vor Schanghai und anderen chinesischen Exportknoten, was bis in die USA (Los Angeles usw.) durchschlug. Folge: Schon im März warteten zwölf Prozent aller Containerschiffe weltweit irgendwo aufs Be- oder Entladen, doppelt so viele wie im langjährigen Schnitt.
Waren aus China brauchen so statt 60 nun eher 100 Tage bis zu uns. Zugleich stiegen die Preise von Seetransporten gegenüber 2021 auf wichtigen Routen um ein Drittel bis zum Doppelten pro Container. „Das liegt zwar eher an den hohen Energiepreisen, aber jedenfalls sind die Kosten am obersten Rand des Preisbandes seit 40 Jahren.“
Lieferprobleme bei Agrargütern
Der Krieg löst weitere Lieferprobleme bei Agrargütern (in der Ukraine stecken 25 Millionen Tonnen Getreide fest) sowie Industriemetallen (Nickel, Kupfer usw. aus Russland) aus. In Summe hat sich so die Hoffnung zerschlagen, dass die wegen Corona entstandenen Materialengpässe diesen Sommer beendet sind. Weil weiter die Chips fehlen, dürfte die deutsche Autoindustrie heuer 700.000 Pkw weniger bauen können als geplant.
Das trifft insgesamt dann auch österreichische Betriebe. „Wir erleben eine Zweiteilung zwischen jenen, die stark von Energie und Vorleistungsgütern abhängen, etwa Chemie, Stahl, Industriekeramik etc., während jene mit hochveredelten Vorprodukten funktionieren.“
Die Weltwirtschaft wird sich deutlich abschwächen und in zwei bis drei Monaten nur mehr stagnieren.
Christian Helmenstein
Es gebe aber Hoffnung, dass sich die Lage etwas entspannt, meint Helmenstein. „Die Weltwirtschaft wird sich deutlich abschwächen und in zwei bis drei Monaten nur mehr stagnieren. Die Nachfrage nach Transportkapazitäten nimmt daher ab. Und wenn z. B. weniger Nickel aus Russland zu uns kommt, dann werden sich die Chinesen dort eindecken. Deren Nachfrage bei anderen Lieferanten aber sinkt dadurch, und wir können kaufen.“
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