„Hoffen auf Wunder!“

Mariupol: Kämpfer im Stahlwerk senden Hilferuf

Ausland
07.05.2022 22:54

Nachdem die letzten Frauen, Kinder und älteren Menschen aus dem von russischen Truppen belagerten Stahlwerk in Mariupol gerettet worden sind, haben die dort verschanzten ukrainischen Kämpfer einen eindringlichen Hilferuf gesendet. „Wir hoffen auf ein Wunder!“, schrieb der Kommandant der 36. Marineinfanteriebrigade, Sergej Wolyna, am Samstag auf Facebook. „Darauf, dass höhere Kräfte eine Lösung für unsere Rettung finden!“ Die Chancen für eine Evakuierung stehen aber schlecht - stattdessen wird ein russischer Angriff befürchtet.

Ukrainischen Regierungsangaben zufolge waren zuvor die letzten Zivilisten aus dem Stahlwerk Asowstal in der Hafenstadt in Sicherheit gebracht worden. „Dieser Teil der humanitären Operation in Mariupol ist abgeschlossen“, schrieb die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Samstag im Nachrichtendienst Telegram. Ob unter den verbliebenen Männern noch Zivilisten sind, ließ sie zunächst offen.

Selenskyj: Auch Verwundete und Sanitäter sollen gerettet werden
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gab die Hoffnung auf eine Befreiung der Kämpfer nicht auf. Er sagte am Samstagabend, dass mehr als 300 Zivilisten „in der ersten Phase“ der Evakuierungen gerettet worden seien. In der zweiten Phase sollen nun auch die Verwundeten und Sanitäter aus dem Stahlwerk gebracht werden. Man bemühe sich auch darum, die Kämpfer aus dem Gelände zu bringen, „aber das ist äußerst schwierig“. Selenskyj hatte mehrmals mit einem kompletten Abbruch der diplomatischen Gespräche mit Russland gedroht, sollte dieses ein Massaker auf dem Gelände anrichten.

Auch die russische Seite sprach am Samstagabend davon, dass die Evakuierung von Zivilisten abgeschlossen sei. Am Samstag sei nur noch ein einziger Mensch übrig gewesen, der nun auch in Sicherheit sei, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Unklar war jedoch, wie viele Zivilisten noch in anderen Teilen der Stadt ausharren.

Die jüngste Evakuierungsmission kam mithilfe der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zustande. Russlands Militär hatte dafür seit Donnerstag jeden Tag mehrstündige Feuerpausen in der völlig zerstörten Stadt am Asowschen Meer zugesichert. Die letzte sollte am Samstagabend enden.

Die Ukraine befürchtet einen letzten Vernichtungschlag Putins gegen das Bollwerk in Mariupol. (Bild: AP)
Die Ukraine befürchtet einen letzten Vernichtungschlag Putins gegen das Bollwerk in Mariupol.

Vernichtungsschlag gegen Fabrik befürchtet
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte schon am 21. April den Sieg seiner Armee über Mariupol erklärt. Zugleich kündigte er damals eine Abriegelung des von ukrainischen Kämpfern gehaltenen Asowstal-Geländes an. Die Verteidiger hatten es abgelehnt, sich zu ergeben. In der Ukraine wird befürchtet, die russischen Streitkräfte könnten bis zum Montag zu einem Vernichtungsschlag gegen sie ausholen, um Putin pünktlich zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg einen militärischen Erfolg zu verkünden. Der 9. Mai wird seit Sowjetzeiten in Moskau mit einer großen Militärparade begangen.

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