Tabu-Krankheit ADHS: Eine Mutter schildert ihr Leben mit ihrem ältesten Sohn, der an Aufmerksamkeitsdefiziten litt. Der Bub war ständig in Bewegung: Drei Schulwechsel waren die Folge.
„Ihr habt euer Kind nicht im Griff, es macht mit euch, was es will.“ „Euer Sohn ist so aggressiv, ich möchte nicht, dass mein Kind so wird wie euer Kind.“ „Euer Sohn ist so, weil ihr ihn zu sehr verwöhnt und ihm keine Grenzen setzt.“ „ADHS? Das gibt es doch nicht, ihr erzieht euer Kind nicht, das ist das Problem.“ Sätze wie diese waren wie ein Stich ins Herz für Daniela Chirici. Ihr ältester Sohn erhielt früh die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizitstörung, kurz ADHS.
Schon die Schwangerschaft verlief mit Komplikationen. Endlich konnte die glückliche Mutter ihren Säugling im Arm halten. Doch bald stellte sich heraus, Kilian war ein sogenanntes Schreikind. Immer wieder wurde die Frau damit konfrontiert, dass ihr Sohn anders war. Die Mutter kämpft für ihr Kind, das anders ist. Kilian hatte eine sehr schwierige Zeit: Drei Schulwechsel waren die Folge. Der Bub war sehr impulsiv, unkonzentriert und ständig in Bewegung.
Ich konnte mir nicht erklären, warum es bei uns mit allen Maßnahmen und mit der Erziehung nicht so funktionierte wie bei anderen Kindern.
Daniela Chirici
„Ich redete mir ein, keine gute Mutter zu sein“
Daniela Chirici konnte sich nicht erklären, warum es einfach nicht funktionieren wollte. Sie suchte den Fehler bei ihr. „Ich redete mir ein, keine gute Mutter zu sein. Obschon ich Grenzen setzte, strukturiert war, meinen Sohn über alles liebte. Ich konnte mir nicht erklären, warum es bei uns mit allen Maßnahmen und mit der Erziehung nicht so funktionierte wie bei anderen Kindern“, erklärt die zweifache Mutter, die ein Buch mit dem Titel „Eine Kindheit mit ADHS“ verfasst hat, erschienen im Verlag Hogrefe. Darin schildert die Schweizerin, wie sie sich schrittweise vortastete, Psychotherapien gehörten genauso dazu wie Medikamente.
Sie gab nicht auf, kämpfte wie eine Löwin für ihren Buben. Kilians Schicksal wurde sogar von einem Filmteam festgehalten. Je mehr sie über ADHS gelesen hatte, desto mehr begann sie ihr Kind zu verstehen und konnte ihm helfen. Sogar Reisen wurde möglich. Im Buch beschreibt Daniela Chirici einen Städtetrip nach Wien, bei dem Kilian Gefallen an einer Fiakerfahrt fand.
Fünf Prozent der Kinder sind davon betroffen
Sein Schicksal ist kein Einzelfall. Jedes 20. Kind ist von ADHS betroffen, Buben häufiger als Mädchen. Schließlich fand sich für den Burschen ein anspruchsvolles Hobby. Kilian interessiert sich für Modellflieger. Trotz seiner Schwierigkeiten in der Schule hat der mittlerweile junge Mann eine Tischlerlehre begonnen.
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