Uneinholbar vorn
Philippinen: Sohn von Diktator Marcos gewinnt Wahl
Jahrzehntelang regierte das brutale Regime von Ferdinand Marcos die Philippinen, nun greift sein gleichnamiger Sohn - Spitzname „Bongbong“ - nach der Macht. Er hat vorläufigen Ergebnissen zufolge die Präsidentenwahl am Montag gewonnen. Laut dem Dienstagfrüh (Ortszeit) bekanntgegebenen Ergebnis der Auszählung von gut 90 Prozent der Stimmen lag der 64-Jährige uneinholbar vor seiner Hauptrivalin, der amtierenden Vizepräsidentin Leni Robredo. Marcos Junior kam bisher auf fast 30 Millionen Stimmen - mehr als doppelt so viel wie Robredo.
Das offizielle Endergebnis wird erst in einigen Wochen erwartet. Überschattet wurde die Wahl von gewaltsamen Zwischenfällen mit mehreren Toten. Ein Sprecher von Marcos sagte dem Sender CNN, der Kandidat werde nicht über einen Sieg reden, bis endgültig ausgezählt worden sei.
Seine Anhänger jubelten aber bereits auf den Straßen. Viele sind zu jung, um sich an die Unterdrückung und Massenverhaftungen unter Diktator Marcos erinnern zu können, der 1986 vom Volk vertrieben wurde und drei Jahre später starb. Der Sieger der Wahl folgt dem umstrittenen Präsidenten Rodrigo Duterte, der nach sechs Jahren nicht mehr antreten durfte. Damit kehrt die Marcos-Familie 36 Jahre nach dem Sturz des Diktators wohl an die Macht zurück. Nach sechs Jahren autoritären Regierens durch Duterte befürchten Menschenrechtsaktivisten, Führer der katholischen Kirche und politische Analysten, dass Marcos Junior als Staatschef noch autokratischer regieren könnte.
Diktator-Familie an den Hebeln der Macht
Der 64-jährige war Gouverneur, Abgeordneter und Senator. Seine Schwester Imee ist Senatorin und seine Mutter Imelda, die Witwe des Diktators, war für vier Legislaturperioden Abgeordnete im Repräsentantenhaus. Marcos Jr. hat kein wirkliches politisches Programm vorgestellt. Die Marcos-Familie weist Vorwürfe zurück, während der zwei Jahrzehnte der Herrschaft des Vaters Milliarden von Dollar an Staatsgeldern abgezweigt zu haben. Viele ihrer Unterstützer wurden nach dem Aufstand von 1986 geboren. Sie sind überzeugt, dass die Anschuldigungen von ihren Gegnern erfunden wurden.
Google ließ keine Wahlwerbung zu
Als Grund für den sich abzeichnenden Wahlausgang gilt insbesondere der Erfolg von Marcos‘ Wahlkampf in den sozialen Medien. Die US-Firma Alphabet - der Mutterkonzern von Google - hatte Anfang Dezember angekündigt, auf den Philippinen keine politische Werbung über seine Suchmaschine zuzulassen. Bereits der Wahlsieg von Duterte 2016 wurde von Experten zu einem großen Teil auf die Arbeit im Internet zurückgeführt. Eine Studie aus dem Jahr 2021 bescheinigte den Philippinern, mehr Internet-basierte Medien zu konsumieren als jedes andere Land. Im Durchschnitt seien die Menschen auf dem Inselstaat knapp elf Stunden täglich online.
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