Umstrittener Asyl-Deal
London schiebt demnächst Migranten nach Ruanda ab
Mit ihrem Abkommen Mitte April haben Großbritannien und Ruanda für Aufsehen und Kritik gesorgt: Menschen über 18 Jahren, die illegal nach Großbritannien eingereist sind und Asyl beantragen haben, müssen künftig in Ruanda auf den Ausgang ihres Verfahrens warten. Während die Aufregung noch nicht abgeklungen ist, will die Regierung in London die ersten Betroffenen demnächst nach Ostafrika schicken.
„Wir sind zuversichtlich, dass die ersten Leute in den kommenden Monaten fliegen werden“, sagte Innenstaatssekretär Kit Malthouse am Dienstag dem Sender TalkTV. Die Benachrichtigungen würden demnächst verschickt, aber die Regierung rechne mit juristischen Hürden, sagte Malthouse. Menschenrechtsaktivisten halten das Vorhaben von Innenministerin Priti Patel für einen Verstoß gegen internationales Recht und die UN-Flüchtlingskonvention. Ein möglicherweise betroffener Mann hat bereits Klage eingereicht.
Premierminister Boris Johnson und vor allem Innenministerin Patel stehen wegen der „small boat crisis“, wie die illegale Migration in Großbritannien genannt wird, in ihrer konservativen Partei erheblich unter Druck. Vergangenes Jahr gelangten mehr als 28.000 Menschen von Europa in kleinen Booten auf die Insel, besonders zwischen Großbritannien und Frankreich entstanden deshalb Spannungen. Obwohl Johnson und Patel versprochen hatten, die Zuwanderung mit dem Brexit erheblich zu beschränken, erreichen nach wie vor Tausende Menschen mit kleinen Booten von Frankreich aus das Land. Patel versuchte immer wieder, die Hardliner mit radikalen Vorschlägen zu besänftigen. Darunter waren etwa weit entfernte Auffanglager für Asylsuchende, was viele Länder ablehnten, und dass die Küstenwache Schlauchboote der Flüchtlinge auf offener Seite zurückdrängen könne.
Innenministerin: „Ruanda ist ein sicheres Land“
Das Abkommen mit Ruanda sieht vor, dass im Falle eines positiven Asylbescheids, die Antragsteller in Ruanda bleiben können. Damit will die konservative Regierung nach eigenen Angaben Wirtschaftsflüchtlinge von der Überfahrt über den Ärmelkanal abschrecken und Schleppern das Handwerk legen. In diesem Jahr haben bisher nach Zählungen der Nachrichtenagentur PA drei Mal mehr Menschen die Meerenge zwischen Frankreich und Großbritannien passiert als im Vorjahreszeitraum. Patel betonte am Montagabend, dass es sich bei Ruanda um „ein sicheres Land zur Umsiedlung von Menschen“ handle.
Beobachter werten den Deal auch als den Versuch des ostafrikanischen Landes, sich als Partner des Westens zu etablieren. Ruanda hatte sich im Vorjahr auch bereit erklärt, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen. Mit Israel gibt es ebenfalls ein ähnliches Abkommen. Ruanda wird seit 2000 autoritär regiert. Dem Präsidenten wird vorgeworfen, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken und Andersdenkende zu verfolgen.
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