Wegen Kriegsverbrechen
Diese Frau will Putins Truppen vor Gericht bringen
Butscha ist ein Ort des Grauens: Mehr als 400 Leichen getöteter Zivilisten wurden nach dem Abzug der russischen Truppen in dem Kiewer Vorort gefunden - einige mit auf dem Rücken gefesselten Händen. Ähnliche Gräueltaten wurden auch aus anderen Ortschaften rund um die ukrainische Hauptstadt gemeldet. Sie sollen nicht ungeahndet bleiben. Die Generalstaatsanwältin der Ukraine, Iryna Wenediktowa, will Tausende russische Kriegsverbrecher vor Gericht bringen.
Den berüchtigtsten Ort solcher Verbrechen, Butscha nordwestlich von Kiew, besuchte Wenediktowa am Dienstag an der Seite der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock. Die einstige Rechtsberaterin des heutigen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sammelt hier seit Wochen Spuren, Beweise, die Aussagen der Zeugen und Überlebenden.
„Werden helfen, Beweise zu sammeln“
„Wir sind es diesen Opfern schuldig, dass wir hier nicht nur gedenken, sondern dass wir die Täter zur Verantwortung ziehen“, sagte Baerbock an der Seite von Wenediktowa. „Niemand darf glauben, Verbrechen ohne Konsequenzen begehen zu können. Das sind wir den Opfern schuldig. Wir werden als internationale Gemeinschaft dabei helfen, Beweise zu sammeln“, so die Grünen-Politikerin. Sie sicherte der Generalstaatsanwältin jede Form der Unterstützung bei der Strafverfolgung der Kriegsverbrechen zu - politisch, finanziell und personell.
Das Ausmaß der Kriegsgräuel in Butscha wurde erst nach der Verlegung der russischen Truppen aus der Region Kiew in die Ostukraine klar. So entdeckten Gerichtsmediziner in den Leichen pfeilartige Metall-Geschosse - diese Art Munition verwendete man im Ersten Weltkrieg. Offenbar steckten die Metallpfeile in Granaten, die von der russischen Artillerie abgefeuert wurden. Sie seien vor allem in Köpfe und Oberkörper der Opfer eingedrungen, erklärten Pathologen der britischen Zeitung „Guardian“.
Mehr als 8000 mutmaßliche Kriegsverbrechen
Solche und Tausende andere Verbrechen will Wenediktowa aufklären und die Täter bestrafen. Ende April hatte sie von rund 8600 Fällen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesprochen, die man in Zusammenarbeit mit internationalen Ermittlern untersuche. Hinzu kämen mehr als 4000 weitere Fälle in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen im Kontext des russischen Angriffskriegs, sagte sie. Die Zahlen dürften inzwischen noch gestiegen sein.
Bei den untersuchten Taten handle es sich um die Tötung von Zivilisten, den Beschuss ziviler Infrastruktur, Folter, Sexualverbrechen sowie um den Einsatz verbotener Waffen. Sie werde alle Möglichkeiten der internationalen Justiz nutzen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, erklärte die Tochter eines Polizei-Generalmajors. Auch den Hauptverantwortlichen will sie vor Gericht bringen: „Wladimir Putin ist der Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts“, sagte Wenediktowa kürzlich in einem Interview.
Erster Soldat bereits vor Gericht
Ein erster russischer Soldat muss sich bereits wegen angeblicher Kriegsverbrechen in der Ukraine verantworten. Die Generalstaatsanwältin wirft dem 21-Jährigen vor, am 28. Februar einen unbewaffneten Zivilisten erschossen zu haben. Dem Kommandeur einer Abteilung der 4. Garde-Panzer-Kantemirow-Division drohen bis zu 15 Jahre Haft.
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