Während am Donnerstag in Wien Sozialminister Johannes Rauch eine umfassende Pflegereform ankündigte, gingen in Innsbruck mehr als tausend Pflegekräfte auf die Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen zu demonstrieren. Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben zu der Kundgebung geladen. Tenor unter den Teilnehmern: Das geplante Pflegepaket des Bundes sei ein erster Schritt, „aber da muss noch mehr kommen“.
Der 12. Mai ist der Internationale Tag der Pflege. Der 12. Mai 2022 steht ganz im Zeichen des wachsenden Pflegenotstands, der durch die Pandemie erst so richtig sichtbar wurde. In Wien präsentierte Sozialminister Johannes Rauch am Vormittag eine Pflegereform. „Die größte der vergangenen Jahrzehnte“, wie der Minister betonte. Das geplante Paket umfasst 20 Maßnahmen mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro für den Pflegeberuf, die Ausbildung sowie für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige.
Demonstrationszug führt durch die Landeshauptstadt
In Innsbruck wurde der Tag der Pflege mit einer großen Kundgebung von Pflegekräften aus dem ganzen Land begangen. Um 13.30 Uhr startete der Demonstrationszug vom Bahnhof Richtung Landhausplatz. Die Kundgebung war bereits lange geplant. Viele kamen. Aber viele andere konnten nicht kommen, weil sie in ihrem Betrieb wegen Personalmangels unabkömmlich waren. Auf den Transparenten der Teilnehmer wird „faire Bezahlung“, eine „35-Stunden-Woche“ oder „mehr Personal für die mobile Pflege“ gefordert.
Die Ankündigungen aus Wien werden in Innsbruck mit vorsichtigem Optimismus kommentiert. „Endlich bewegt sich was“, lautet die spontane Reaktion einer Demonstrantin. Doch gleichzeitig weisen die Teilnehmer und Redner darauf hin, dass es an allen Ecken und Enden fehle. Dass viele Pflegekräfte in der Pandemie über ihre Grenzen gegangen seien. Dass es aber auch davor schon in vielen Altenheimen einen ständigen Personalmangel gegeben habe. Dass die Anforderungen an den Beruf durch immer komplexere Aufgaben - etwa in der Betreuung von Demenzkranken - ständig wachsen. Dass die Zeit für Pflege und Betreuung immer noch an einem Minutenschlüssel gemessen wird. „Viel zu wenig für qualitätsvolle Arbeit“, wird betont.
Gewerkschaft: „Rutschen in absehbarer Zeit in einen Versorgungskollaps.“
„Wir rutschen in absehbarer Zeit in einen absoluten Versorgungskollaps!“, warnt Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth bei der Demo in Innsbruck. Die von Sozialminister Johannes Rauch in Aussicht gestellten Maßnahmen seien „ein erster Schritt, aber weitere müssen verbindlich und schnellstens folgen!“
Die noch verbliebenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unzählige Überstunden, Urlaub und Gesundheitstage gut, allerdings keine Chance, diese in absehbarer Zeit abzubauen. Die Beschäftigten sind völlig ausgelaugt.
Gerhard Seier, Vorsitzender Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
Wie prekär die Situation bereits ist, schildert Gerhard Seier, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). „Seit Monaten müssen auch in Tirol Betten leer stehen, weil sie aufgrund des eklatanten Personalmangels nicht belegt werden können. Die noch verbliebenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unzählige Überstunden, Urlaub und Gesundheitstage gut, allerdings keine Chance, diese in absehbarer Zeit abzubauen. Die Beschäftigten sind völlig ausgelaugt.“
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