Pommers Feierabend

Was ist ein Mensch wert?

Pommer am Abend
17.05.2022 11:57

Einen schönen Dienstagabend.

Heute wird es makaber, denn es geht in diesem Text um die inneren Werte. An diesem Dienstag kam es, dass mich die digitale Ausgabe eines periodisch erscheinenden Druckwerks, nennen wir es „Österreich“, für einen Rufpreis von 6,50 Euro an den Bestbietenden verscherbeln wollte. Freilich nicht mich persönlich, aber die Korrekturabteilung in diesem Medienhaus scheint wohl aus Kostengründen nach Indien ausgelagert worden zu sein. Und so wurde ich Opfer einer Verwechslung, die ich - auch wenn es viele glauben - nicht zum ersten Mal durchmache. Vor allem in der Schulzeit, wenn aus süßen Kindern Monster werden, war es ein Leichtes, aus meinem Nachnamen, der da Pommer lautet, Pommes zu machen, in Anlehnung an die frittierten Erdäpfelstäbchen. Da ich ein sehr abgemagertes Kind war, genetisch bedingt, ich wurde regemäßig ernährt, und dazu noch groß gewachsen, lag eine Assoziation zu der Imbissbeilage recht nahe. Gerade in der Pubertät passte an mir nichts zusammen, die Extremitäten wuchsen unterschiedlich, ich sah in der schwierigsten Phase des Heranwachsens aus wie eine aus Pommes frites zusammengebastelte Figur auf einem Tellerrand. Und das mit meinem Nachnamen.

Heute titelte „Oe24“: „Preis-Hammer am See und in Bädern.“ Das Foto daneben wurde unter der Auflage höchster Ästhetik ausgewählt und offenbart einen Buben, krebsrot am ganzen Oberkörper und im Gesicht, außer an der Stelle, an der er jene Taucherbrille getragen haben muss, die nun auf seiner Stirn platziert ist. Für die Zeitungsmacher war also jene Bebilderung die beste, die einen Buben zeigt, der eine Taucherbrille gleich zweimal falsch trägt: Einmal oberhalb der Augen, wo sie in Wasserumgebung nur den Haaransatz schützt, und davor zwar an der richtigen Stelle, dafür aber außerhalb des Wassers, wohl auf dem Rücken liegend in der Sonne. Verstehe noch einer diese Jugend. Der Bursch, mit verbrannter Epidermis, hat einen Heißhunger auf Pommes frites entwickelt, er hält eine Portion in der Hand, nicht ungewöhnlich vor einer Hauttransplantation - und daneben hätte in fetter Schrift stehen sollen: „Pommes um 6,50“. Es stand aber: „Pommer um 6,50“. Ein Tippfehler, aber automatisch stellte ich mir die Frage: 6,50 Euro, was ist ein Mensch überhaupt wert?

Hier sind wir bei den inneren Werten. Und natürlich bei Schwarzmarktpreisen, es kommt auch immer auf das Verhandlungsgeschick des Einzelnen an. Hornhäute bringen umgerechnet etwa 21.000 Euro ein, ein Skelett fast 7000 Euro. Letzteres, so ganz ohne Knochen, stelle ich mir im Alltag schwierig vor, auch wenn ich als Blob im Flugzeug endlich mehr Platz hätte - in der Politik wiederum, wo man prinzipiell ohne Rückgrat auszukommen scheint, ist der Verlust des restlichen Gerüstes vielleicht leichter zu ertragen. Leber und Niere bringen etwa 145.500 bzw. 146.900 Euro. Ein richtig schönes Haus können Sie sich für Ihr Herz leisten, das 594.500 Euro einbringt. Sie werden aber wohl nicht häufig daheim sein.

Fazit: 6,50 Euro für einen ganzen Pommer finde ich viel zu niedrig angesetzt. Wer Geldsorgen hat, kann sich dennoch jederzeit (teil-)verscherbeln. Oder er lässt sich von PULS 4 nach Ibiza einladen, so wie Heinz-Christian Strache. Das geht auch.

Ich wünsche einen schönen Feierabend, so Sie einen haben.

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