Kritik am Konzept und am Gründungsgesetz für die neue TU für Digitalisierung und digitale Transformation in Linz ist auch ein Seiltanz, erst recht, wenn sie aus der angestammten JKU kommt. Denn man will sich ja nicht nachsagen lassen, die neue Universität schlicht umbringen zu wollen. Rektor Meinhard Lukas wagt diesen Seiltanz, auch er hat nun eine Stellungnahme auf den Parlamentsserver hochgeladen. Sie hat zwölf Seiten, aber die wesentlichen Passagen sind netterweise fettgedruckt. Ein erster „Krone“-Eindruck nach dem Lesen: Die Stellungnahme ist eine gute Warnung vor „more of the same“ unter einem Etikettenschwindel (TU ohne Technik, Informatik MATHEMATIK, Achtung, Herr Prof. Bruno Buchberger!), eine gute Warnung vor der Gefahr, überholte Modeerscheinung zu werden und die Anmerkung, die angestrebte Interdisziplinarität brauche zuerst einmal Disziplinen. In Summe gilt: Die Stellungnahme formuliert Kritik meist als Fragen, die offen sind. Sehr klug, angesichts des Abgrunds unter dem Seil... Aber es sind im Text auch ein paar versteckte Minen gelegt.
Heute, Dienstag, endet die Frist für Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren für das Gründungsgesetz der einst vom damaligen Kanzler Sebastian Kurz Oberösterreich versprochenen Digital-TU. Wie auf der entsprechenden Parlamentsseite nachzulesen, sind fast 30 Eingaben eingelangt, die meisten davon „last minute“ am Dienstag und wir müssen sie erst auswerten. Über einige vorangegangene Protestnoten aus dem JKU-Bereich (Senat, TNF-Dekanat, Belegschaftsvertreter) haben wir ja schon seit der Sonntag-Ausgabe berichtet, siehe zuletzt hier. Mittlerweile sind auch andere Medien „aufgesprungen“. Das Thema bewegt.
Die Gefahr einer „Themenuniversität“
Einer der konstruktiven Kritikpunkte von Rektor Lukas warnt davor, Modeerscheinungen zu folgen und eine Uni neu zu gründen, die halt (irgendwie) das Thema Digitalisierung und ihre Auswirkungen verfolgt: „Wichtig ist es jetzt, Strukturen zu bauen, die gleichermaßen solide und offen sind. Universitäten werden richtigerweise für Jahrhunderte gebaut. Es wäre ein unglaubliches Versäumnis jetzt die Jahrhundertchance einer echten TU für Oberösterreich nicht wahrzunehmen, weil man sich aus Aktualitätsgründen auf eine Themenuniversität beschränken will.“ Denn anders als es der Name erwarten lasse, sei keine Technische Universität im eigentlichen Sinn, sondern eine Themenuniversität geplant.
Die inhaltliche Konzeption ist gar nicht neu
Rektor Lukas in einem weiteren Kritikpunkt unter dem Motto „Das gibt‘s ja eh schon“: „Die mit der geplanten TU angestrebte interdisziplinäre Durchdringung der Digitalisierung und digitalen Transformation ist keinesfalls neu, sondern wird alleine in Österreich an mehreren Universitäten wie der JKU seit Jahren gelebt. Neu ist dagegen, die digitale Transformation zum alleinigen Gegenstand einer Universität zu machen (Themenuniversität - siehe oben).“ Und: „Die geplante TU in Linz wird trotz aller Konzentration auf das Querschnittsthema Digitalisierung und digitale Transformation verschiedene Disziplinen ausbilden, wenn sie erfolgreich sein will. Die Mehrzahl dieser notwendigen Disziplinen (zB Informatik, Mechatronik, Soziologie etc) sind an der JKU längst etabliert. Damit stellt sich nolens volens die Frage, ob diese Disziplinen an der TU ein zweites Mal in Linz aufgebaut werden sollen. Diese dringliche Frage bleibt im Konzeptpapier und in den Erläuternden Bemerkungen zum Ministerilaentwurf (des Gründungsgesetzes) unbeantwortet.“
Das wird bloß „more of the same“
Die vernichtendste Kritik findet sich (nicht fettgedruckt) eher im Text versteckt. Sie lautet: „Wird die TU auf Basis der Bestimmungen des ME realisiert, ohne dass weitere Leitplanken eingeschlagen werden, wird es voraussichtlich zu enormen fachlichen Überschneidungen zwischen JKU sowie anderer bestehender österreichischer Universitäten/Hochschulen und geplanter TU kommen. Das immer wieder öffentlich formulierte Ziel, ,not more of the same‘ wird so gewiss verfehlt.“
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