Kanzler Karl Nehammer hat am Dienstag im Rahmen eines Treffens mit seinem tschechischen Amtskollegen Petr Fiala in Prag die EU-Kommission wegen des Streits um das Öl-Embargo gegen Russland kritisiert. „Ich halte es grundsätzlich für angebracht, auch für die Kommission, erst Ergebnisse zu verkünden, wenn Verhandlungen vollinhaltlich abgeschlossen sind. Das Gegenteil kann man auch tun, dann sieht man das Ergebnis wie jetzt in der Diskussion“, so Nehammer.
Die EU habe sich dadurch ausgezeichnet, dass sie gerade in der Frage der Aggression Russlands in der Ukraine geschlossen gewesen sei und auch nach wie vor das Bestreben habe, geschlossen zu sein, so der Kanzler. „Aber umso schärfer, umso tiefgehender, umso weitergehender Sanktionen angedacht werden, desto wichtiger ist es, diese vorher ausreichend mit den einzelnen Mitgliedstaaten zu diskutieren, damit dann eben nicht nach außen der Eindruck eines Dissens entsteht“, sagte Nehammer.
Nehammer zeigt Verständnis für Widerstand aus Ungarn
Angesprochen auf den ungarischen Widerstand im Streit um das Embargo zeigte der Kanzler Verständnis: „Es muss klar sein, dass die Länder, die stärker abhängig sind vom russischen Erdöl, auch eine Perspektive bekommen, wie sie weiterhin mit dem Rohstoff versorgt werden.“ Zuvor hatte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn gesagt, im Streit mit Ungarn über ein Öl-Embargo gegen Russland seien noch einige Punkte zu regeln, „aber der Wille ist da“. Auf die ungarische Forderung nach milliardenschweren Hilfen der EU im Gegenzug für eine Zustimmung zu dem Embargo werde man nicht eingehen. „Das geht einfach nicht“, sagte Asselborn. Eine Lösung könne es sein, die Übergangsfrist für Ungarn wie vorgeschlagen „nicht auf Monate, sondern Jahre“ zu verlängern.
Tschechien kann russische Importe nicht so schnell ersetzen
Auch Nehammers tschechischer Amtskollege bedauerte, „dass es nach außen wirkt, als seien wir nicht geeint“ in der Frage der EU-Sanktionen. Er betonte, dass Tschechien die geplanten Sanktionen gegen Russland voll unterstütze. „Aber es muss der Grundsatz gelten, dass die Sanktionen für Russland schmerzhafter sein müssen als für die Länder, welche die Sanktionen verhängen“, so Fiala. Tschechien sei nicht in der Lage, russische Ölimporte kurzfristig zu ersetzen, und benötige daher die von der EU zugesagte Übergangsperiode.
In Bezug auf das Erdgas, wo Tschechien zu 95 Prozent von russischen Importen abhängig sei, sprach Fiala die Möglichkeit an, dass Tschechien die Kapazitäten der Gasspeicher in Österreich nutzen könne.
Keine Einigung auf sechstes Sanktionspaket gegen Russland
Am Montag hatten sich die EU-Außenminister wegen des Streits über ein Öl-Embargo nicht auf das sechste Sanktionspaket gegen Russland einigen können. Ungarn reicht eine längere Übergangsfrist für das Land nicht, es fordert Millionenbeträge der EU, um die Folgen eines Embargos zu kompensieren. Die Sanktionen müssen von allen 27 EU-Mitgliedern einstimmig beschlossen werden.
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