Spätestens jetzt, wo Schweden und Finnland in großen Schritten in Richtung NATO marschieren, sollten wir ernsthaft über unsere Neutralität sprechen. Das bedeutet freilich nicht, dass wir gleich morgen einen Mitgliedschaftsantrag stellen sollen. Wer sich aber der offenen Diskussion verwehrt, hat gar kein Sicherheitskonzept.
Denn wer Neutralität sagt, muss auch Heeresbudget sagen. Und da sieht es ehrlich gesagt recht mau aus. Dass wir im Ernstfall nicht einmal genügend Uniformen für alle Milizsoldaten hätten und selbst das Fiebermessen während der Corona-Pandemie das Heer vor eine personelle Herkulesaufgabe gestellt hat, sollte uns zu denken geben. Was, wenn der Krieg auch zu uns käme? Die Katastrophe wäre nicht auszumalen!
Da müssen wir uns keine Illusionen machen …
Da hilft auch keine wohlfeile Ankündigung, in Zukunft das ohnehin schon magere Budget irgendwann einmal auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts heben zu wollen. Eine größere Strategie, was mit dem Geld in Zukunft geschehen soll und wie wir uns sicherheitspolitisch aufstellen wollen, fehlt ja dennoch. Ohne sinnvolle Planung wird es nicht gehen. Da müssen wir uns keine Illusionen machen.
Neutralitätsnostalgie schützt uns nicht vor Krieg
Mit dieser Ausgangslage dann zum wohlklingenden „Wir waren neutral, sind neutral und bleiben neutral“ anzustimmen, ist damit also nur die halbe Wahrheit. Natürlich klingt das gut und griffig - aber mit diesem Schlagerchor werden wir einen potenziellen Angreifer nicht in die Flucht schlagen können! Denn unsere Neutralitätsnostalgie schützt nicht vor Krieg und Angriffen. Da braucht es schon Waffen - und keine Folklore.
Ohne NATO brauchen wir auch Schutz
Wenn wir also weiterhin an unserer Neutralität festhalten möchten, müssen wir ohne Wenn und Aber aufrüsten. Unser Nachbar, die Schweiz, macht es vor. Sich kriegerisch nicht einmischen zu wollen, ist legitim und ein prinzipiell gutes Konzept, aber auch ein Luxus, der etwas kostet. Ohne NATO brauchen wir eine wirklich gute Strategie, wie wir uns selbst schützen können. Alles andere ist naiv.
Können wir noch ordentlich miteinander diskutieren?
Deswegen müssen wir dringend über unsere Neutralität sprechen und darüber, wie wir sie in Kriegszeiten erhalten können. Jeder Maulkorb zu Überlegungen in alle Richtungen ist falsch und bringt uns nicht weiter. Die Diskussion soll wertschätzend, ehrlich und ergebnisoffen passieren. Oder haben wir das nach Corona etwa schon verlernt?
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